Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Bertha de Vries

 

Die Krankenschwester Bertha de Vries wurde am 7.1.1922 in Schagen geboren. Sie wohnte zuletzt in Appeldoorn. Bertha de Vries wurde am 5.2.1943 in Auschwitz ermordet.

 

Quelle: Joods Monument


 

Erna de Vries, geborene Korn

 

Erna de Vries wurde am 21.10.1923 als einziges Kind von Jakob Korn und Jeanette Korn, geborene Löwenstein, in Kaiserslautern geboren, wo sie in einem liberaljüdischen Haushalt aufwuchs und einmal wöchentlich an den Gottesdiensten der jüdischen Gemeinde teilnahm. Ihr Vater war dem Glaubensbekenntnis nach evangelisch, jedoch kein praktizierender Christ. Mit einem Geschäftspartner zusammen besaß der Vater eine Spedition, die der Familie einen gediegenen Wohlstand gestattete. Doch als Erna sieben Jahre alt war, starb 1930 ihr Vater. Anfangs übernahm die Arbeit des Vaters ihre Mutter und führte mit dem Geschäftspartner die Spedition weiter.

 

Durch zunehmende Repressalien gegen Juden musste die Mutter aus der Firma ausscheiden und Mutter und Tochter lebten zunächst von den Anteilen aus der Spedition. Die Mutter fand Arbeit als Verkäuferin in einer Schlachterei. Erna besuchte zunächst die Barbarossaschule, die öffentliche Volksschule in Kaiserslautern. Nachdem Ausgrenzung und Diskriminierung an dieser Schule immer mehr zunahmen, wechselte sie auf die Franziskanerschule, eine private katholische Mädchenschule, wo sie zwei Jahre ohne Anfeindungen lernen konnte. 1937 musste sie die Schule allerdings aufgrund des Schulgeldes verlassen. So kam die Vierzehnjährige in eine jüdische Sonderklasse auf die Röhmschule. Eine weitere Schulausbildung blieb ihr verwehrt. So konnte sie kein Abitur machen, denn ursprünglich wollte sie mal unbedingt Medizin studieren. Daran war unter diesen Lebensumständen nicht mehr zu denken. Erna engagierte sich zwischen 1934 und 1938 in der zionistischen Jugendgruppe des Jüdischen Jugendbundes Kaiserslautern. Nach der Schule arbeitete sie in einer jüdischen Wäscherei, um zum Familieneinkommen beizutragen.

 

Mutter und Tochter Korn hätten 1938 auswandern können. Doch zu diesem Zeitpunkt lebte noch Ernas Großmutter und ihre Mutter brachte es nicht fertig, die alte kranke Frau alleine zurückzulassen. Den Gedanken an Emigration verwarfen sie deshalb. So mussten sie die Pogromnacht miterleben, in der der braune Mob ihr Zuhause restlos verwüstete. Sie blieben vor leiblichen Angriffen verschont, weil sie zum Grab des Ehemannes/Vaters auf den evangelischen Friedhof flüchteten. Noch unter dem Schock der Ereignisse erklärte ihnen ein Kriminalbeamter, sie hätten Kaiserslautern augenblicklich zu verlassen, damit die Stadt "judenfrei" werde. Mutter und Tochter flohen daraufhin erstmal zu Verwandten nach Köln.

 

Ende November zog Ernas Mutter trotz der Ausweisung nach Kaiserslautern zurück und setzte das Haus notdürftig instand. Die Tochter folgte ihr im Dezember, blieb aber nicht lange, sondern ging wieder nach Köln, wo sie eine Ausbildung als Hauswirtschafterin im jüdischen Altenheim Köln-Lindenthal machen konnte. Die Hauswirtschafterinnen arbeiteten dazumal häufig als Altenpflegerinnen. Da sie noch zu jung war für die Ausbildung zur Krankenschwester, ihr nun anvisierter Traumberuf unter diesen Bedingungen, arbeitete sie zunächst als Pflegerin ein Jahr bei einer alten Dame. 1941 begann sie die Ausbildung zur Krankenschwester im Israelitischen Asyl.

 

Erna de Vries 2006 zu dieser Zeit: "In Köln als Krankenschwestern trugen wir damals so schwarze Mäntelchen mit Pelerine, Häubchen und dem dicken Stern natürlich. Ich bin in ein Geschäft gegangen, ich wollte da was abholen. Als ich rein kam, kam eine Frau raus, und als ich wieder raus kam, stand die noch da. Da packte sie mich am Arm, furchtbar bin ich erschrocken, und sagte: „Schwesterchen, tragen sie diesen Stern mit Stolz.“ Das sind Dinge, die einem die Nase wieder über Wasser gehoben haben. Ich glaube wenn die Menschen gewusst hätten, wie so ein leises Nicken, ein kurzer Blick, oder ein freundliches Lächeln, wie einen das ermuntert hat und was einem das gegeben hätte, ich glaube sie wären noch mehr bereit gewesen, so was – nehme ich an - zu tun."

 

Mit den zunehmenden Deportationen machte sie sich immer größere Sorgen um ihre Mutter. Sie befürchtete, dass sie getrennt voneinander deportiert werden könnten und wollte deshalb nach Kaiserslautern, um mit ihr abzuklären, ob die Mutter bereit wäre, eventuell zu ihr nach Köln zu ziehen. Gegen den Willen der Oberin setzte Erna einen vierwöchigen Urlaub durch, um mit der Mutter die Lage zu erörtern.

 

Als Erna 1942 in Urlaub bei ihrer Mutter in Kaiserslautern war, erfuhren sie, dass

das Israelitische Asyl in Köln nach einem Bombenangriff durch die Nazis aufgelöst und alle Patienten und Angestellten deportiert worden waren. Für Erna endete zwar damit die Ausbildung in Köln, durch den Urlaub war sie aber der Deportation entgangen. Sie wollte ihre Ausbildung unbedingt abschließen und bewarb sich deshalb im jüdischen Krankenhaus in Frankfurt. Doch ihre Mutter weigerte sich, nach Frankfurt umzuziehen. Ohne die Mutter erhielt aber Erna keine Reisegenehmigung nach Frankfurt und sie wollte sich auch nicht von ihrer Mutter trennen und trat deswegen dort den Dienst trotz der Zusage nicht an. Dadurch entging sie das zweite Mal einer Deportation, denn dieses Krankenhaus wurde im August 1942 von den Nazis geschliffen.

 

1942 begann Erna in einer Eisengießerei zu arbeiten. Die Arbeit dort war zwar unangenehm und schmutzig, hatte aber den Vorteil, dass sich die Fabrik in direkter Nähe zu ihrem Wohnhaus befand, sodass sie schnell bei ihrer Mutter sein konnte. Es war immer ihre größte Sorge, dass ihre Mutter deportiert werden könnte, ohne dass sie es mitbekam. Am 6.7.1943 kam ein Nachbar, ungeachtet dessen, dass er sich dadurch selber in Schwierigkeiten bringen konnte, in die Eisengießerei, um sie darüber zu informieren, dass ihre Mutter abgeholt werden würde. Erna stürmte nach Hause, wo bereits Beamte anwesend waren, um die Mutter abzuholen.

 

Sie selber als sogenannter "jüdischer Mischling ersten Grades" war noch nicht von der Deportation betroffen, doch sie überzeugte die Nazis, dass sie ihre Mutter begleiten konnte. Zunächst wurden Erna und ihre Mutter nach Saarbrücken gebracht. Unterwegs überzeugte Erna die Beamten davon, dass sie mit der Mutter zusammen deportiert wird. In Saarbrücken wurde Erna darüber informiert, dass ihre Mutter nach Auschwitz käme. Erna wusste, was Auschwitz bedeutete. Sie hatten entgegen der Weisung zu Hause ihr Radio behalten und versteckt und Erna hatte regelmäßig heimlich den englischen Senders BBC abgehört. Dennoch beharrte sie darauf, mit ihrer Mutter zusammen deportiert zu werden. Insoweit hatten die Beiden Glück, dass sie nicht in einen der üblichen Deportationszüge für Juden kamen, also in Viehwaggons, sondern in einen gemischten Transport, in dem kaum Juden waren.

 

Ende Juli 1943 trafen Erna und ihre Mutter in Auschwitz ein. Erna wurde die Häftlingsnummer 50462 eintätowiert und musste in dem Außenlager Harmense bei Fischteichen Zwangsarbeit leisten. Durch die Arbeitsbedingungen und katastrophalen hygienischen Verhältnissen bekam sie Phlegmone an den Beinen, die nicht abheilte. Aufgrund dieser Phlegmone wurde Erna am 15.9.1943 selektiert und kam mit etwa 600 bis 700 weiteren Frauen in den Todesblock 25. Kurz vor dem Gang zur Gaskammer nahm ein SS-Mann sie und ein weiteres Mädchen aus der Gruppe heraus, die als "jüdische Mischlinge ersten Grades" galten und steckte sie in einen Transport nach Ravensbrück.

 

Ihrer Mutter konnte sie eine Nachricht zukommen lassen. Vor der Abfahrt nach Ravensbrück gelang es ihr trotz Verbot, ihre Mutter aufzusuchen und sich von ihr zu verabschieden. Es war das letzte Mal, dass sie ihre Mutter sah. Jeanette Korn wurde am 8.11.1943 in Auschwitz-Birkenau ermordet. Erna de Vries blieb nur die Erinnerung und der Satz ihrer Mutter zum Abschied: "Du wirst überleben und erzählen, was mit uns geschehen ist."

 

Im Konzentrationslager Ravensbrück überstand sie die Quarantänezeit auch dadurch, dass die tschechische Gefangene Libusé Ingrova sie erkannte, mit der sie vorher zusammen in Auschwitz im gleichen Block untergebracht war. Sie arbeitete in der Küche und konnte Erna mit zusätzlichen Brotrationen versorgen. Der allgemein herrschende Hunger hebelte aber auch in Ravensbrück die Solidarität untereinander aus. Für Erna war es eine schlimme Erfahrung, als sie bestohlen wurde. Dazu erzählte sie 2006:

 

"Vor meinem 20. Geburtstag habe ich mein Brot abends in meinen Beutel gesteckt, damit ich am nächsten Tag, einmal richtig das Gefühl von satt sein haben konnte. Das war mir ganz wichtig. Ich hab abends mein Brot verstaut, unter meinen Kopf gelegt. In dem Beutel war all meine Habe, mein Messer, meine Gabel, Löffel, was weiß ich was noch. Und am Morgen, als ich wach wurde und hinter mich griff, da war der Beutel weg. Man hatte mich bestohlen. Ich hatte solche gemischten Gefühle, ich weiß gar nicht, ob ich die jemals hatte. Ich war wütend und traurig in einem. Traurig, dass man mich bestohlen hat, also dass ein Häftling einem anderen das antun konnte, und wütend, dass mir das passiert war, dass ich nichts zu essen hatte."

 

Nach der Quarantäne und medizinischen Versorgung der Phlegmone, so weit es die Bedingungen in dem Lager zuließen, musste sie ab 1944 Zwangsarbeit für die Firma Siemens leisten. Siemens profitierte reichlich in der Nazizeit und bediente sich hemmungslos an Zwangsarbeit. Anfang April 1943 mussten circa 300 Frauen aus Ravensbrück für dieses Unternehmen arbeiten. Die Produktion und Fertigung wurde ständig erweitert und hochgefahren. Im Herbst 1944 waren es bereits etwa 3000 Frauen der Siemens-Kolonnen. Die Arbeitsbedingungen bei Siemens waren schrecklich, immerhin waren die Häftlinge während der Arbeit nicht der Witterung preisgegeben. Die meisten Überlebenden aus Ravensbrück duldeten später kein Siemens-Gerät in ihrem Haushalt.

 

Erna kam zeitweise in das angeschlossene Siemenslager. Am 14.4.1945 mussten die Frauen ins Stammlager zurück. Ravensbrück war inzwischen durch eintreffende Häftlinge von Todesmärschen aus anderen Lagern restlos überfüllt. Ende April 1945 wurde auch Ravensbrück "evakuiert", die Häftlinge auf den „Todesmarsch" in Richtung Ostsee gehetzt. In der Nähe von Parchim in Mecklenburg wurde sie nach etwa 120 Kilometern Fußmarsch von den Alliierten befreit. Die ersten Tage nach der Befreiung musste sie und andere Frauen aus dem Lager sich mit Betteln am Leben erhalten. Sie sollte dann in ein Auffanglager nach Lübeck transportiert werden, weigerte sich aber. Eine Bäuerin nahm sie auf und päppelte sie erstmal auf. Nachdem sie wieder zu Kräften gekommen war, arbeitete sie für diese Bäuerin als Köchin.

 

Im Herbst 1945 wollte Erna in Schwerin einen Ausweis beantragen. Dort traf sie zufällig andere ehemalige Häftlinge, die ihr halfen, in den britischen Sektor zu gelangen. In Köln kam sie dann ein Jahr bei Verwandten unter. Sie lernte dort Josef de Vries kennen und lieben. Sie heirateten 1947. Ihr Mann war bereits einmal verheiratet. Seine erste Frau und ihr Kind wurden von den Nazis ermordet. Er selber hatte als Jude  die Konzentrationslager Neuengamme, Sachsenhausen und Auschwitz-Birkenau überlebt. Sie zogen nach Lathen in Nordrhein-Westfalen, den Heimatort ihres Mannes. Josef de Vries verstarb bereits 1981.

 

Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Den Satz ihrer Mutter erfüllte sie als Zeitzeugin. Allerdings ging es ihr nie um Rache, Vergeltung oder Abrechnung, sondern nur um die Mahnung und die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft. Für ihre Arbeit als Zeitzeugin und für Versöhnung verlieh ihr die Gemeinde Lathen die Ehrenbürgerschaft. Die Bundesrepublik Deutschland ehrte sie 2006 mit einem Verdienstorden und 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande. Im gleichen Jahr erhielt sie die Emsland-Medaille vom Landkreis. Seit 2015 trägt die Realschule in Münster ihren Namen, seit 2018 auch die Grund- und Oberschule in Lathen. Der Rathausplatz in Lathen wurde  2016 nach ihr benannt.

 

2016 nahm Erna de Vries mit 92 Jahren als Zeugin in einem Prozess teil, der gegen einen 94-jährigen ehemaligen Wachmann aus Auschwitz geführt wurde.

 

 

Erna de Vries starb am 24.10.2021 in Lathen im Emsland.

 

Quellen: Film "Projekt Zeitlupe“: "Erna de Vries – Ich wollte noch einmal die Sonne sehen"; "Der Auftrag meiner Mutter. Eine Überlebende der Shoah erzählt", ISBN 9783863310455; "Mich hat Auschwitz nie verlassen“, ISBN 9783421047144; "Wir haben das KZ überlebt – Zeitzeugen berichten", ISBN 9783570314104; Wikipedia 

 


 

Lini M. de Vries

 

Die Krankenschwester Lini de Vries kam aus den USA. Obwohl sie eine Tochter in Amerika hatte, fühlte sie sich moralisch verpflichtet, der spanischen Republik in den Internationalen Brigaden beizustehen. Sie arbeitete in Castillejo in einem Krankenhaus mit 300 Patienten, dass eigentlich für 50 Patienten gedacht war.

 

Quelle: Wikipedia (Noch in der Bearbeitung)


 

Marie de Vries

 

Marie de Vries wurde am 2.1.1924 in Amsterdam geboren. Ihre Eltern waren W. de Vries und Rebecca Springer-Franschman. Ihr Vater starb 1934 in Bloemendaal. Die Mutter heiratete erneut am 6.8.1942 Barend Springer. Sie überlebte den Holocaust mit zwei Kindern aus der zweiten Ehe.

Marie de Vries war ab dem 11.11.1941 Krankenpflegeschülerin in Het Apeldoornsche Bosch. Sie musste als „Freiwillige“ die Patienten der Anstalt nach Auschwitz begleiten. Der Deportationszug traf am 24.1.1943 in Auschwitz ein. Die Patienten wurden sofort ermordet, das Personal am 25.1.1943. Marie de Vries wurde 19 Jahre alt.

 

Quelle: Joods Monument


 

Mirjam de Vries

 

Mirjam de Vries wurde in Haarlem am 17.11.1922 geboren. Die Krankenschwester arbeitete im "Centraal Israëlitisch Krankzinnigengesticht Het Apeldoornse Bos". Im November 1942 wurde gegen sie ein Haftbefehl beantragt, da sie ohne Genehmigung umgezogen war (Algemeen Politieblad, Nr 46, 19.11.1942, 1297, Notiz 2798). Ein üblicher Vorgang für die jüdischen Mitbürger, die in Verstecken untergetaucht waren. Es ist nicht bekannt, wann, wo und wie sie verhaftet wurde. Mirjam de Vries wurde in Sobibor am 9.4.1943 ermordet.

 

Quelle: Joods Monument


 

Salomon de Vries

 

Salomon de Vries wohnte zuletzt in Apeldoorn. Der Krankenpfleger wurde am 4.4.1917 in Deventer geboren. Seine Eltern waren Simon de Vries und Henriette Oostra. Er wurde in das KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet. Als sein Sterbedatum gilt der 30.4.1943.

 

Quelle: Joods Monument

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