Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Anna Radomski

 

Anna Radomski wurde am 3.4.1894 in Lodz in Polen geboren. Sie war von einem Herrn Frenkel geschieden. Sie arbeitete als Krankenpflegerin und Näherin. Unter der Nummer 443 wurde sie mit dem Transport XXIII am 15.1.1944 vom SS-Sammellager Mechelen in Belgien in das KZ Auschwitz deportiert. Ihr weiteres Schicksal ist ungewiss, doch ist zu befürchten, dass sie den Holocaust nicht überlebte.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Hedwig Rahmel-Robens

 

Hedwig Rahmel-Robens, geborene Tegge wurde am 9.11.1896 in Roßlau geboren und lebte vor der Emigration im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Eigentlich war sie Arbeiterin. Sie gehörte der Spartakusgruppe, Spartakusbund und KPD an. Ab 1933 schloss sie sich in Berlin dem Widerstand an, der die politische Arbeit illegal fortsetzte. Ab 1937 kämpfte sie als Krankenschwester im Sanitätsdienst der Internationalen Brigaden. Ob sie dafür eine Ausbildung absolvierte, ist nicht bekannt. Sie konnte 1939 der Internierung in Frankreich entgehen und schloss sich mit ihrem Mann und ihrer Freundin Lisa Ost aus Frankfurt am Main der französischen Résistance an.

 

Mit Lisa Ost versorgte sie als Krankenschwester die Verwundeten der Widerstandskämpfer und übernahm Kurierdienste. Sie gehörten der Brigade Montaigne an, die in den Cévennes operierte, einer Gebirgsregion im Süden Frankreichs. Zunächst widmete sich die Brigade geflohenen Interbrigadisten, Zwangsarbeitern und Flüchtlingen aus Nazideutschland. Zunehmend beteiligte sich die Brigade an Sabotageakten und wurde aktiv in den Kämpfen um die Befreiung Frankreichs. Nach schweren Kämpfen Ende Mai 1944 durchkämmten die deutschen Faschisten dieses Gebiet. Lisa Ost, Hedwig Rahmel-Robens und ihr Mann wollten nach Nîmes flüchten, doch der Zug endete unvorhergesehen in Alès. Die Weiterfahrt nach Nîmes war nicht möglich, sodass sie gezwungen waren, im Rich'Hôtel zu übernachten, wo sie von der französischen Miliz festgenommen und der Gestapo übergeben wurden.

 

Nach der Befreiung von Alès am 21.8.1944 fand man in einem Bergwerksschacht bei Puit de Célas circa 80 Leichen, die die Gestapo dort hineingeworfen hatte, unter ihnen Hedwig Rahmel-Robens und Lisa Ost. Die Gestapo hatte die Frauen am 26.6.1944 ermordet. Überlebende berichteten, dass die beiden Frauen schwer gefoltert wurden, aber standhaft blieben. Die Bevölkerung veranlasste die Beerdigung der Opfer auf dem Friedhof von Alès. Auf den Gräbern von Hedwig Rahmel-Robens und Lisa Ost wurde vermerkt: "Deutsche Partisaninnen, gestorben für die Freiheit, von der Gestapo ermordet." Hedwig Rahmel-Robens und Lisa Ost gehörten zu den Deutschen, die in Frankreich deutlich machten, dass Deutsche nicht gleich Nazis sind. Eine offizielle Ehrung haben bis jetzt diese Frauen in Deutschland nicht erfahren. Immerhin wurde am 7.9.2010 am ehemaligen Wohnhaus von Hedwig Rahmel-Robens in der Küselstraße 9 im Berlin-Prenzlauer Berg eine Gedenktafel angebracht.

 

Quellen: Concours de la Resistance; DRAFD; AG Friedensforschung; Widerstand in Berlin


 

Irma Ransenberg


Irma Ransenberg, eigentlich Irma Martha Alma Rahel, wurde am 25.1.1893 in Neuwied geboren. Ihre Eltern waren der Lehrer und Kantor Julius, geboren am 29.1.1864 in Calle, Kreis Meschede, und Mathilde Ransenberg, geborene Ginsberg am 26.10.1863 in Rahden. Julius Ransenberg bekleidete das Amt des Lehrers und Kantors ab 1889 bis 1927. Vorher lebten er, seine Frau und die älteste Tochter in Rahden.

 

Irma hatte vier Schwestern, Paula, geboren am 23.2.1988, Helene, geboren am 17.5.1889, Margarete (Grete) Martha, geboren am 27.9.1891, Gertrude, geboren am 14.1.1897, und zwei Brüder, Ewald Reinhold, geboren am 8.11.1898, und Hans Günter, geboren am 28.8.1907.  

 

Irma Ransenburg war Krankenschwester. Sie machte ihre Ausbildung vermutlich im Israelitischen Asyl, das Jüdische Krankenhaus in Köln. Es existiert ein Foto, dass sie dort als sehr junge Krankenschwester zeigt. Auf jeden Fall arbeitete sie im Israelitischen Asyl ab 1912 als gelernte Krankenschwester.

 

1919 zog Irma nach Essen und arbeitete dort für die jüdische Gemeinde. Zuletzt wohnte sie in Essen in der Klarastraße 58. Nach Auskunft ihres Bruders arbeitete sie in Essen in einem Altenheim. Damit kann eigentlich nur das Haus Rosenau gemeint sein, was bis 1938 ein Altenheim für jüdische Frauen war. 1938 wurde das Altenheim gewaltsam durch einen Nazimob geräumt und die alten Menschen vertrieben. Es ist nicht klar, ob Irma zu diesem Zeitpunkt im Haus Rosenau schon gearbeitet hatte. Die Alten wurden im sogenannten „Judenhaus“ in der Bungertstraße eingewiesen. Dort übernahm Irma die Pflege der alten Frauen.

 

Am 21.7.1942 wurde Irma ab Düsseldorf mit den von ihr betreuten Frauen nach Theresienstadt deportiert. Dort wohnte sie in L405, also Hauptstraße 5, einer Gesundheitseinrichtung im Ghetto. Sie arbeitete also auch in Theresienstadt in der Pflege. Vermutlich betreute sie dort auch ihre überlebenden Bewohnerinnen aus Essen weiter. Am 16.10.1944 wurde sie nach Auschwitz verschleppt. Da sie in Auschwitz nicht registriert wurde, wurde sie wahrscheinlich direkt nach der Ankunft ermordet. Irma Ransenburg wurde später für tot erklärt.

 

Nur ihr Bruder Hans Günter überlebte von der Familie die Shoa und legte für Irma Ransenberg ein Gedenkblatt bei YAD VASHEM an. Sein Leben hatte er seiner Schwester Irma zu verdanken. Als er 1938 bei der Judenaktion ins KZ Sachsenhausen kam, erreichte sie für ihn ein Besuchsvisum nach Mexiko, durch das er emigrieren konnte.

 

Quellen: YAD VASHEM; Stolpersteine in Neuwied; Wir waren doch so jung, ISBN 9783945025437; European Holocaust Research Infrastructure (EHRI); United States Holocaust Memorial Museum; alemannia-judaica.de


 

Friedrich Wilhelm Rauser

 

Friedrich Wilhelm Rauser, Rufname Wilhelm, wurde am 21.5.1888 in Nagold geboren. Seine Eltern waren

der Gerber Christian Friedrich Rauser, geboren 1852, und Wilhelmine Rosine, geborene Rauser 1858. Der Familienname Rauser ist in Baden-Württemberg sehr häufig. Er hatte sechs ältere Geschwister. Paul Otto, geboren 1878, Friedrich Wilhelm, geboren 1885, und Wilhelmine Pauline, geboren 1887, starben bereits im Kindesalter. Bruder Robert August, geboren 1883, kam 1917 im I. Weltkrieg um. Seine Schwester Margarete Luise Rosine, geboren 1879, verstarb sehr früh 1910. Lediglich Ernestine Emilie, geboren 1882, überlebte die NS-Zeit.

 

Aus wirtschaftlichen Gründen verließ sein Vater die Familie und wanderte in die USA aus. Er war nicht der erste seiner Familie, der in die USA emigrierte. In Nordamerika verlor sich seine Spur. Wollte er seine Familie nachholen, wenn er dort wirtschaftlich Fuß gefasst hätte? Nahm er dort eine andere Identität an? War ihm etwas zugestoßen? Im Ortssippenbuch hieß es dazu, er hätte seine Frau "böslich verlassen". Ob das den Tatsachen entsprach, wird sich nicht klären lassen. Er galt als verschollen und wurde später für tot erklärt. Auf jeden Fall musste Wilhelms Mutter sich und die Kinder alleine durchbringen.

 

Nach seiner Konfirmation 1902 erlernte Wilhelm zunächst den Beruf des Kaufmanns und arbeitete anschließend bis 1911 in Stuttgart und Waiblingen in verschiedenen Geschäften. Ab 1912 absolvierte er eine Ausbildung in der "Brüderanstalt" Karlshöhe in Ludwigsburg. Dort wurden fromme junge Männer als Krankenpfleger und Diakone ausgebildet, die dann dem "Karlshöher Brüderverband" angehörten. Die "Brüderschaft" wurde von einem Inspektor, unterstützt von dem "Brüderrat", geleitet.

 

Nach seiner Ausbildung arbeitete Wilhelm bis zum I. Weltkrieg in einem „Schwachsinnigen- und Krüppelheim“ in Erlenbach bei Zürich. Es könnte sein, dass es sich bei dieser Einrichtung um die Martin-Stiftung handelte, die ab 1905 auch erwachsene Menschen mit Behinderung aufnahm. Durch Verträge des "Karlshöher Brüderverbandes" mit dem Roten Kreuz musste der "Brüderverband" schon ab Kriegsbeginn Krankenpfleger und Felddiakone zum Kriegsdienst schicken, 1916 waren über die Hälfte der Brüder an der Front. Wilhelm arbeitete von 1914 bis 1916 beim Ludwigsburger Reservelazarett II, dass in einem Ludwigsburger Gymnasium untergebracht war. Später war er in Feldlazaretten in Frankreich tätig.

 

Um die seelische Belastung des Pflegepersonals im I. Weltkrieg zu verstehen, sollte man das Buch "Krieg dem Kriege" von Ernst Friedrich gesehen haben. Das Pflegepersonal wurde nicht nur mit getöteten und verstümmelten Soldaten konfrontiert, sondern auch mit jungen Männern, denen im Krieg die Gesichter derart entstellt wurden, dass sie für tot erklärt wurden und nach dem Krieg in geheimen Anstalten für Kriegsversehrte vor der Öffentlichkeit regelrecht versteckt wurden und dort dahinvegetierten. Die schlimmen Gesichtsverletzungen, manchen Soldaten wurde fast das ganze Gesicht weggerissen, waren das Resultat der Pickelhauben, die zwar vor Säbelhieben auf den Kopf schützten, aber nicht den Kopf und Gesicht vor Granatsplittern. Der Stellungskrieg zermürbte, die Giftgaseinsätze gefährdeten nicht nur die Soldaten. Dazu kamen zunehmend in den Lazaretten Personal-, Medikamenten-, Materialmangel, fehlendes Wasser und Nahrungsmittel, Überbelegung, unhaltbare hygienische Verhältnisse und Seuchengefahr. Die Pflegekräfte mussten ständig Kranke mit Tuberkulose, Typhus, Cholera, Ruhr, Fleckfieber, Malaria und ab etwa 1918 Grippe versorgen, die Sterberate war hoch und die Gefahr einer möglichen Ansteckung bedrohte die eigene Gesundheit und Leben.

 

Angesichts dieser Verhältnisse war es nicht ungewöhnlich, dass Pflegekräfte das Gesehene und Erlebte an der Front und in den Lazaretten nicht verarbeiten konnten und durch eine PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) früher oder später schwer erkrankten. Das geschah auch mit einer Krankenschwester, eine Verwandte der Familie Schläfer aus Kaiserslautern, deren Lebensdaten bis heute nicht recherchiert werden konnten. Sie pflegte im I. Weltkrieg schwer Kriegsverletzte und wurde durch ihre traumatischen Erlebnisse psychisch krank. Von den Nazis wurde sie in einer der Mordfabriken im Rahmen der T4-Aktion umgebracht. In diesen Mordfabriken arbeiteten wohlgemerkt Ärzte und Pflegekräfte, die sich nicht scheuten, Berufskollegen, die durch ihre Arbeit krank wurden, zu ermorden.

 

Auch an Wilhelm gingen die Geschehnisse mit Sicherheit nicht spurlos vorbei. Nach dem Krieg kehrte er zunächst zu seiner alten Arbeitsstätte Karlshöhe in Ludwigsburg zurück. Er wurde 1919 während einer Typhus- Epidemie nach Pforzheim versetzt, wo er ein Jahr in der Landarmenanstalt Rabenhof Ellwangen arbeitete. Dort gab es seit 1906 eine Abteilung für Menschen mit geistiger Behinderung. Zu dieser Zeit waren Menschen mit geistiger Behinderung oder psychischen Erkrankungen meistens katastrophal untergebracht und versorgt. Ihre Bedingungen hatten sich durch den I. Weltkrieg extrem verschlimmert, weil die Lebensmittelrationen, Kleidung, Brennstoffe derart reduziert wurden, dass in solchen Einrichtungen viele Menschen verhungerten und oder erfroren. Da die Briten bis zum Juli 1919 die Seeblockade, auch als Hungerblockade bezeichnet, fortsetzten und weiterhin Rohstoffe, Lebensmittel, Material und Medikamente fehlten, ging das Sterben in diesen Einrichtungen auch nach Kriegsende weiter. Die dortigen Krankenpfleger, als Krankenwärter bezeichnet, hungerten ebenfalls. Dazu kam der Pflegenotstand in allen deutschen Pflege- und Krankenanstalten zu dieser Zeit. Viele Pflegekräfte kamen im Krieg um. Noch mehr Pflegekräfte, selber ungenügend ausgerüstet und geschützt und nahe an den Infizierten,  starben an der Spanischen Grippe, die  ab 1918 und besonders 1919 tobte. Für die überlebenden Pflegekräfte bedeutete es eine ständige Überarbeitung und katastrophale Arbeitsbedingungen.

 

In dieser Situation war es wohl kaum möglich, dass Wilhelm sich von seinen traumatischen Kriegserlebnissen erholen konnte. Ob er die Landarmenanstalt Rabenhof von sich aus verließ, kündigte oder vom "Brüderverband" versetzt wurde, ist unklar. Die Landarmenbehörde stellte ihm jedenfalls ein überaus gutes Zeugnis aus und bezeichnete ihn als "eine sittlich unantastbare,opferwillige Persönlichkeit von tadellosem Charakter". Anschließend arbeitete Wilhelm noch über zwei Jahre in München in der Pflege, wurde dort aber entlassen. Vermutlich  konnte er nicht mehr in der Pflege arbeiten, da er nervlich am Ende war.

 

Er ging nach Nagold zurück und arbeitete in der Milchhandlung seiner Mutter und Schwester. 1927 verursachte er einen Autounfall. Dieses erneute traumatische Erlebnis lösten bei ihm Schuldgefühle und Suizidgedanken aus. Nach einem Kuraufenthalt in Baden-Baden befand er sich in der Heilanstalt Christophsbad in Göppingen vom 13.2. bis 29.6.1928, wo eine Form der Schizophrenie diagnostiziert wurde. Dazu muss bemerkt werden, dass die PTBS zu diesem Zeitpunkt nicht als Krankheit erkannt wurde und unklare "Geistesstörungen" oder depressive Erkrankungen häufig als Schizophrenie diagnostiziert wurden. Schizophrenie war Ende der 1920er bis in die 1930er Jahre eine regelrechte Modediagnose. Wilhelm wurde aus der Heilanstalt Christophsbad als gebessert, aber nicht geheilt, entlassen.

 

In Nagold wurde Wilhelm seine Homosexualität bewusst. Das wurde aktenkundig durch einen Prozess vor dem Amtsgericht Nagold, dass ihn aufgrund des Paragrafen 175 StGB (Strafgesetzbuch) wegen "widernatürlicher Unzucht" 1929 zu einer Geldstrafe von 30 Reichsmark verurteilte. Der § 175 StGB existierte vom 1.1.1871 bis 10.6.1994 und stellte gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen unter Strafe und ermöglichte somit die Verfolgung Homosexueller.

 

Am 2.5.1932 starb seine Mutter, was für Wilhelm auch den Verlust an familiärem Rückhalt bedeutete. 

 

In der NS-Zeit wurde er erneut 1935 und 1936 nach § 175 verurteilt. Am 20.7.1937 wurde er zwangsweise in eine Anstalt eingewiesen, um so laut dem Richter weitere derartige Verfehlungen zu verhindern. Grundlage für die Einweisung war der § 42b StGB, das "Gewohnheitsverbrechergesetz", dass die Nazis am 24.11.1933 erließen. Der § 42b StGB besagte:

 

"Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt
(1) Hat jemand eine mit Strafe bedrohte Handlung im Zustand der Zurechnungsunfähigkeit oder der verminderten Zurechnungsfähigkeit begangen, so ordnet das Gericht seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt an, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert. Dies gilt nicht für Übertretungen.
"

 

Diese Einweisung war im Grunde genommen für Wilhelm ein Todesurteil. Er kam am 9.8.1937 in die Heilanstalt Weissenau. Das ehemalige Kloster wurde 1862 zur Heilanstalt für psychisch Kranke umgebaut und war ab da ein Standort der "Königlich-Württembergischen Staatsirrenanstalt". Die Nazis verwandelten die Heilanstalt in eine Zwischenanstalt und transportierten die dort untergebrachten Menschen innerhalb der T4-Aktion als "lebensunwertes Leben" mit den sogenannten Grauen  Bussen zu den Mordfabriken, wo sie vergast wurden.

 

Es ist anzunehmen, dass Wilhelm die Gefahr erkannte, denn ab 1939 versuchte er mit Nachdruck, aus der Anstalt entlassen zu werden. Als Homosexueller mit der Diagnose Schizophrenie aus der Heilanstalt Christophsbad war dieses Ersuchen aussichtslos. Für die Nazis waren Homosexuelle "Volksfeinde" und "Verbrecher". Da Wilhelm dreimal deshalb verurteit wurde, galt er als "Gewohnheitsverbrecher". Schizophrenie werteten die Nazis als Erbkrankheit, was fachlich falsch war. Dass er jahrelang als Krankenpfleger unter extremsten Arbeitsbedingungen hervorragend gearbeitet hatte, was ihm im Zeugnis der Landarmenbehörde bestätigt wurde, und dadurch massiv psychisch belastet wurde, zählte nicht. Die Nazis stuften Wilhelm als "minderwertig" und "lebensunwert" ein.

 

Aus der Heilanstalt Weißenau wurden insgesamt 691 angeblich psychisch kranke Patienten und Patientinnen in die Vernichtungsanstalt Grafeneck gebracht. Einer von ihnen war Wilhelm.

 

Am 20.5.1940 wurde Wilhelm Rauser ermordet.

 

Wie üblich wurden vor den Angehörigen Todesort und Todesumstände verschleiert, die in den Mordfabriken ansässigen Standesämter tauschten untereinander die Akten aus. So wurden die Angehörigen von Wilhelm Rauser mit einer fingierten Diagnose benachrichtigt, dass Wilhelm Rauser angeblich am 16.6.1940 im österreichischem Hartheim, wo ebenfalls eine Vernichtungsanstalt existierte, einen natürlichen Tod erlitten hätte.

 

Seit dem 18.10.2024 erinnert ein Stolperstein auf Initiative des Lehrers Gabriel Stängle und Schüler der Christiane-Herzog-Realschule in Nagold, Turmstraße 2, an Wilhelm Rauser. Dort befand sich die Milchhandlung seiner Mutter, in der er zuletzt gearbeitet hatte.

 

Quellen: Ich danke für die gute Recherche: Christiane-Herzog-Realschule, Geschichtslehrer Gabriel Stängle und seinen SchülerINNEn und dem "Schwarzwälder Bote" (https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.erinnerung-an-ns-morde-nagold-gedenkt-mit-seinen-ersten-stolpersteinen-fuenf-euthanasie-opfern.77057838-a64a-4561-a513-ef5700857aee.html), Deutsche Digitale Bibliothek; Ernst Friedrich: Krieg dem Kriege, Frankfurt a.M. 1980 (Nachdruck von 1924)


 

Gertrud (Trudel) van Reemst, geborene de Vries

 

Gertrud de Vries, von allen nur Trudel genannt, wurde am 22.11.1914 in Frankfurt am Main geboren. Ihre Eltern waren der Handlungsreisende Jacques de Vries und Rose Mayer. Die Familie zog 1925 nach Den Haag, weil sie da bereits ein Problem mit Antisemitismus in Deutschland hatten.

 

Nach der Schulzeit absolvierte sie die Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete im jüdischen Krankenhaus Rotterdam. Trudel war immer kritisch. Als Mitglied eines zionistischen Jugendverbandes kritisierte sie offen die Landspekulationen amerikanischer Juden in Palästina und flog aus dem Verband raus.

 

Mit 22 Jahren ging Trudel 1936 nach Spanien und schloss sich den Internationalen Brigaden an. Sie war überzeugt, dass der Faschismus mit allen Mitteln bekämpft werden musste. In Spanien lernte sie den Arzt Theo van Reemst, geboren am 10.10.1908 in Sleen, Drente, kennen. Er war schwer erkrankt und hatte kurz zuvor in der Zeitung gelesen, dass im Krankenhaus in Villanueva de la Jara niederländische Krankenschwestern arbeiten. Er schlug sich zu dem Krankenhaus durch, in dem er dann Trudel traf, mit der er bereits auf dem Postweg korrespondiert hatte. 1937 heirateten sie in Spanien.

 

Nach ihrer Rückkehr in den Niederlanden mussten sie feststellen, dass sie staatenlos waren. Theo hatte seine Staatsangehörigkeit verloren, weil er illegal nach Spanien gegangen war. Und sie verlor ihre, weil sie mit ihm verheiratet war.

Im II. Weltkrieg traten beide dem niederländischen Widerstand bei. Am 30.12.1941 wurde in Vlaardingen ihr Sohn Bert geboren. 1942 wurden sie beide verhaftet und kamen in das berüchtigte Oranje-Hotel in Scheveningen, was für seine unmenschliche Behandlung und Folterungen an Widerstandskämpfern und Geiseln bekannt war. Theo wurde nach Deutschland in ein Kz verschleppt. Im Grunde genommen kam sie noch glimpflich davon, als man sie als Jüdin in das Durchgangslager Westerbork überstellte.

 

Als Krankenschwester und Ehefrau eines Nichtjuden genoss sie einen schwachen Schutz gegen die Deportation. In Westerbork arbeitete sie im Krankenrevier und fand Kontakt zu einer kleinen Widerstandsgruppe, der es immer wieder gelang, Menschen aus dem Lager zu schmuggeln und Identitätskarten zu fälschen. 1943 kam plötzlich ein deutscher Erlass, dass Juden in einer Mischehe freigelassen werden sollten. Sie war mit einem Nichtjuden verheiratet und somit frei. Das rettete ihr das Leben. Und unverdrossen kämpfte sie weiter im Widerstand.

 

Nach Kriegsende kehrte ihr Mann aus dem KZ Dachau zurück und sie konnten endlich ihren Sohn zu sich holen. In Amsterdam bauten sie sich eine Hausarztpraxis auf. Am 17.10.1946 wurde Tochter Jos geboren. Doch die Ehe hielt nicht. 1956 ließen sich Trudel und Theo scheiden. Sie arbeitete später als Deutschlehrerin, trat auf als Zeitzeugin und kümmerte sich um ihre Kinder. Trudel van Reemst starb am 7.6.2007 in Amsterdam.

 

Quellen: Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis in Amsterdam: Nederlandse vrijwilligers in de Spaanse Burgeroorlog; rtv Drenthe; Joods Monument


 

Margot Ilse Regensberg

 

Margot Ilse Regensberg wurde am 16.3.1915 in Heiligenhaus bei Düsseldorf geboren. Theodor Regensberg, geboren in Hofgeismar (Hümme), war ihr Vater. Ihre letzte Anschrift in Hamburg lautete Beneckestraße 6. Die gelernte Säuglingsschwester wurde am 15.7.1942 aus Hamburg nach Theresienstadt deportiert. Am 23.1.1943 befand sie sich im Transport Cr, Nr. 525 nach Auschwitz, wo Margot Ilse Regensberg ermordet wurde.

 

Quelle: YAD VASHEM; Deportation Assembly Points: No. 38 Altonaer Straße/No. 120 Schanzenstraße, Universität Hamburg - Wilhelm Mosel, Deutsch-Jüdische Gesellschaft (ohne Datum)


 

Marga Reichenbach

 

Die jüdische Krankenschwester war Oberschwester der Chirugie im jüdischen Krankenhaus in Frankfurt/M. Ihr gelang es, 1941 nach England zu emigrieren.


 

Willi Rewald

 

Willi Rewald wurde am 1.11.04 geboren. Er arbeitete als Pfleger bei den Internationalen Brigaden. Nähere Lebensdaten sind bisher nicht bekannt.

 

Quelle: Martin Sugarman, AJEX - Jewish Military Museum


 

 

 

 

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