Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Fanny Feiga Bar

 

Fanny Feiga Bar wurde am 4.10.1918 in Nizankovice in Polen geboren. Ihre Eltern waren Szulim oder Szalom Bar, geboren am 1.8.1881 und Tauby oder Tauba, geborene Zwick am 16.5.1880. Sie hatte auf jeden Fall einen älteren Bruder, Nusim oder Nathan, geboren am 8.6.1914. Es muss aber wenigstens noch einen Bruder oder Schwester gegeben haben, da ein Neffe, der in Israel lebt, für beide den Bogen bei Yad Vashem ausfüllte.

 

Fanny Feiga hatte zwei Berufe, Krankenschwester und Sekretärin. In welchem Beruf sie überwiegend arbeitete, ist nicht bekannt.

 

Vermutlich war sie von Polen nach Belgien geflüchtet. In den belgischen Aufzeichnungen wurde sie als polnische Staatsangehörige bezeichnet. Zuletzt lebte sie in Antwerpen, Van den Nestlei 73. Auch ihr Bruder Nathan hielt sich in Antwerpen auf. Auch bei ihm wurde in den Papieren die polnische Staatsangehörigkeit angegeben. Für die Nazibehörden galten sie als Staatenlose.

 

Mit dem Deportationszug XVII wurde Fanny Feiga unter der Nummer 633 am 31.10.1942 vom SS-Sammellager Mechelen nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Bis jetzt ist ihr weiteres Schicksal ungeklärt, doch es ist zu befürchten, dass sie den Holocaust nicht überlebte. Auch ihr Bruder überlebte die Shoa nicht. Ob er auch deportiert wurde, eventuell zusammen mit seiner Schwester, konnte ich nicht herausfinden.

 
Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne; Yad Vashem

 

Volea Barakin, geb. Garstein

 

Die Krankenschwester Volea Garstein wurde am 10.4.1910 geboren. Sie war mit dem Arzt Mordchaj Barakin, geboren am 25.9.1910 in Bialystok/Polen, verheiratet.

 

Als staatenlos erklärt internierten die Nazis sie im SS-Sammellager Mechelen in Belgien und deportierten das Ehepaar mit dem Transport X unter der Nummer 33 und 32 am 15.9.1942 nach Auschwitz.

 

Es muss angenommen werden, dass die Krankenschwester und ihr Mann den Holocaust nicht überlebten.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne; Yad Vashem


 
Nina Pawlowna Baranowa
 
Nina Pawlowna Baranowa wurde am 1.12.1923 in Moskau geboren. Die sportliche 17jährige wollte eigentlich Lehrerin werden, war in Moskau Pionierleiterin. Nachdem Hitlers Truppen die Sowjetunion angegriffen hatten, änderte die Jugendliche ihre beruflichen Pläne und ließ sich zur Krankenschwester ausbilden. 1942 meldete sie sich freiwillig zur Front.
 
Das war nichts Außergewöhnliches. Bei den sowjetischen Streitkräften kämpften im II. Weltkrieg bis zu eine Million Frauen in den unterschiedlichsten Bereichen, auch bei direkten Kampfeinsätzen an der Front mit der Waffe. Die Mehrheit der sowjetischen Kriegsteilnehmerinnen diente allerdings im Sanitätswesen. Doch anders wie bei den anderen Armeen wirkten sie nicht nur überwiegend in den Lazaretten, sondern wurden auch direkt an der Front als Sanitätssoldatinnen, Krankenschwestern, Ärztinnen, Feldscher (der Feldscher war in der Roten Armee die unterste Stufe des Militärarztes und ausbildungsmäßig in etwa vergleichbar mit dem deutschen Heilpraktiker) eingesetzt.
 
Nina Baranowa arbeitete zunächst in einem Moskauer Krankenhaus, 1943 wurde sie einem Sanitätsbataillon an der Stalingrader Front zugeteilt. Nach einer Verwundung wurde sie zur Don-Front versetzt. Dort geriet sie in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nach Aufenthalten mit etwa 500 weiteren weiblichen Gefangenen in mehreren Kriegsgefangenenlagern wurde sie schließlich in Cholm in Polen interniert. Dort wurde von den Frauen verlangt, den militärischen Status abzulegen, um sie zur Zwangsarbeit verschicken zu können. Über fünfzig Frauen weigerten sich, darunter Nina Baranowa. Die Frauen wurden daraufhin der Gestapo übergeben und im Februar 1944 in das KZ Maidanek verbracht. Am 21.5.1944 wurden sie in das KZ Ravensbrück „evakuiert“.
 
Auch die dortigen schlimmen Haftbedingungen konnten Nina Baranowa nicht brechen. Aus Protest gegen ihre Beschäftigung in der Rüstungsindustrie und unter Berufung auf die Genfer Konvention traten sie und zweiundvierzig andere Rotarmistinnen in Ravensbrück in den Hungerstreik. Sie setzten sich durch und wurden in der Lagerküche von Leipzig-Hasag eingesetzt. Ende März, Anfang April 1945 wurde sie mit anderen Gefangenen auf den Todesmarsch gejagt und unterwegs von der Roten Armee befreit.
 
Erst Ende 1945 kehrte sie nach Moskau zurück. Die späte Rückkehr lässt vermuten, dass auch ihr nicht das „Filtrierungslager“ (siehe Miron Erastovitsch Abramov) erspart wurde. In der Heimat wurde ihr der Neuanfang nicht leicht gemacht. Ihr Vater war an den Folgen einer Kriegsverletzung gestorben und sie musste die Mutter und die drei jüngeren Geschwister versorgen. Persönliche Interessen mussten zurückgestellt werden. Sie blieb unverheiratet.
 
Zunächst arbeitete Nina Baranowa wieder als Krankenschwester. Ab 1946 war sie in einem medizinischen Labor beschäftigt und absolvierte eine Ausbildung an einem Wirtschaftsinstitut. 1958 wurde sie die Leiterin einer Gewerkschaftsbezirksorganisation für den verwaltungsmedizinischen Bereich und ab 1975 stellvertretende Personalleiterin eines medizinisch-technischen Betriebes. Mit 67 Jahren setzte sie sich zur Ruhe.
 
Lange Jahre gehörte sie dem Internationalen Ravensbrück-Kommitee an und war die Vertreterin der ehemaligen russischen Gefangenen. Am 1.11.2002 verstarb Nina Pawlowna Baranowa und wurde am 4.11. in Moskau beigesetzt.
 
Quellen: Dr. Ramona Saavedra Santis, Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin; weiterführende Informationen: "Mascha + Nina + Katjuscha" Frauen in der Roten Armee 1941 - 45, Deutsch-Russisches-Museum Berlin-Karlshorst, ISBN 3-86153-281-6 oder ISBN 3-86153-282-4; „Ravensbrückerinnen“ (Schriftenreihe der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten), Hg. Jacobeit, Brümann-Güdter, ISBN 10: 3894681632, ISBN 13: 9783894681630; „Kriegsgefangene Rotarmistinnen im KZ“ Sowjetische Militärmedizinerinnen in Ravensbrück, Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst 2016; "Ohne Haar und ohne Namen: Im Frauenkonzentrationslager Ravensbrück", Sarah Helm, ISBN-10: ‎ 3806232164, ISBN-13: 978-3806232165

 

Juliane Baranyai, geborene Holy

 

Juliane Baranyai wurde am 28.12.1909 in Wien unter ihrem Mädchennamen Holy geboren. Die Österreicherin war eigentlich von Beruf Schneiderin. Ihr Ehemann war der Angestellte Richard Baranyai, der am 24.11.1898 geboren wurde, ebenfalls in Wien.

 

1934 zog das Ehepaar nach England.

 

Im Januar 1937 schloss sich Juliane den Internationalen Brigaden in Spanien an. Dort kämpfte sie im Hospital in Albacete als Krankenpflegerin. Ihr Mann folgte ihr im Mai 1937 aus England nach Spanien. Er kommandierte für die Internationalen Brigaden einen Panzer.

 

1939 wurde Juliane Baranyai in Rivesaltes und Rieucros inhaftiert. 1943 kam sie ins „Deutsche Reich“, vermutlich Wien, zurück. Ab 1945 lebte das Ehepaar in Österreich.

 
Quellen: DÖW; Internationale Frauen im Spanischen Krieg 1936 – 1939; SIDBRINT

 
Abraham Barend
 

Abraham Barend wurde am 31.12.1899 geboren. Seine Eltern waren Hartog Barend, geboren am 11.12.1871, und Anna, geborene Ludel am 8.6.1870 in Paris. Sein Vater starb bereits am 18.6.1921. Seine Geschwister waren Betsy, geboren am 8.7.1901, Philip, geboren am 2.6.1903, und Marianne, geboren am 23.10.1907. Die jüngste Schwester Elisabeth, geboren am 8.11.1909, starb mit elf Monaten am 31.10.1910. Alle Kinder von Abrahams Eltern hatten als Geburtsort Amsterdam. Seine Mutter, Betsy, Philip und Marianne wurden im Vernichtungslager Auschwitz umgebracht.

 

Der Krankenpfleger Abraham war mit Johanna Betti, geborene Leeser am 31.10.1896 in Ritterhude bei Bremen, verheiratet. Das Ehepaar lebte zuletzt in der Keizersgracht 741 huis in Amsterdam.

 

Von dort wurden sie in das Durchgangslager Westerbork verschleppt.

 

Kamp Westerbork war ab Februar 1939 bereits ein „Zentrales Flüchtlingslager“ der Niederlande, im dem vor allem Juden aus Deutschland und Österreich interniert wurden. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht übernahmen die Nazis das Kamp als Durchgangs- und Sammellager für die Transporte in die Vernichtungslager im Osten, hauptsächlich zu den Vernichtungslagern Auschwitz und Sobibor.

 

Am 13.7.1943 wurde das Ehepaar nach Sobibor deportiert. Vermutlich wurden sie direkt nach der Ankunft ermordet.

 

Abraham und Johanna Betti Barend wurden für tot erklärt. Als Sterbedatum gilt der 16.7.1943.

 

Quellen: Joods Monument; Yad Vashem; geni.com

 
Theodore Barkhausen
 
Theodore Barkhausen wurde am 18.8.1869 als Tochter des späteren Oberkirchenrates Barkhausen und seiner Ehefrau Julie, geb. Kuhn, in Stade geboren. Am 18.11.1905 trat sie in das Kaiserswerther Diakonissenmutterhaus ein und wurde am 7.10.1908 eingesegnet.
 
Im April 1909 wurde Schwester Theodore nach Jerusalem geschickt. Sie sollte die Bauarbeiten der Auguste-Viktoria-Stiftung beaufsichtigen. Als 1914 die Bauarbeiten abgeschlossen waren, brach der I. Weltkrieg aus. In diesem Krieg vertrat sie nachhaltig die Ansicht, dass sie keine Feinde, nur Christen kenne, zeigte aber auch gegenüber anderen Religionen Toleranz. Durch ihre neutrale und tolerante Haltung im Krieg wurde ihr das ägyptische Internierungslager in Helouan erspart, wo normalerweise deutsche Bürger interniert wurden.
 
Ab 1923 war sie die Leiterin des Kaiserswerther Diakoniehospitals in Jerusalem. Sie blieb ihrem Grundsatz treu und pflegte und behandelte Patienten gleich welcher Nationalität oder Religion. 1927 wurde durch ein Erdbeben das Gebäude schwer beschädigt, sodass auf die Diakonisse erhebliche Aufbau- und Reparationsarbeiten zukamen.
 
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten machte sich in Jerusalem nur allmählich bemerkbar. Im Gegensatz zu vielen anderen Diakonissen weigerte sich Theodore Barkhausen vehement, der NSDAP oder NS-Frauenschaft beizutreten. Diese buhlten um ihren Beitritt gewissermaßen als Aushängeschild vor Ort. Aber die Diakonisse blieb bei ihren Prinzipien. Obwohl sie in Jerusalem nicht vergleichbar die politischen Realitäten der Nationalsozialisten erfuhr, hegte sie gegen die braunen Machthaber ein tiefes Misstrauen.
 
Die Konsequenzen waren für sie nicht absehbar, aber durch ihre unbeirrbare Haltung konnte sie auch im II. Weltkrieg vor Ort bleiben. Das Diakonissenhospital arbeitete so weiter unter Leitung eines englischen Arztes. Allerdings entging sie nicht allen Repressalien. Am 4.6.1940 wurde sie interniert. Während ihrer Internierung blieb sie nicht tatenlos, gründete in den Internierungslagern Sarona und Wilhelma ein Hospital für die Internierten und leistete Jugendarbeit. Nach Ausbruch des jüdisch-arabischen Krieges konnten die Engländer nach Übergriffen auf die Deutschen nicht mehr deren Schutz gewährleisten und lösten die Internierungslager auf. Schwester Theodore ging bis 1950 nach Jerusalem ins Aussätzigen-Asyl, am 9.7.1950 kehrte die 81jährige ins Mutterhaus nach Kaiserswerth zurück. Am 1.11.1959 verstarb Theodore Barkhausen in Kaiserswerth.
 
Quellen: Ruth Felgentreff: Diakonisse Theodore Barkhausen,in: Evangelische Kirche in Deutschland, Mitteilungen aus Ökumene und Auslandsarbeit 2002

 

Bona (Bianka) Baruch

 

Bona Baruch wurde am 26.8.1880 in Schlawe (Slawno), eine Stadt in Westpommern, geboren. Die Stuttgart-Loge suchte gezielt nach jungen Frauen, die die Ausbildung zur Krankenschwester machen wollten und anschließend bereit waren, in Stuttgart zu arbeiten. Dafür übernahm die Loge alle Kosten der Ausbildung in Berlin, weil es in Stuttgart keine Pflegeschule der israelitischen Gemeinde gab. Bona bewarb sich und wurde 1902 von der Loge eingestellt. So konnte sie ab 1902 eine Ausbildung zur Krankenschwester in Berlin absolvieren und arbeitete ab 1905 in Stuttgart als ausgebildete Krankenschwester.

 

Der Verwaltungsrat des Jüdischen Schwesternheims erwarb im September 1913 im Stuttgarter  Westen in der Dillmannstraße 19 einen Bauplatz zur Errichtung eines Schwesternheims, das im September 1914 fertiggestellt werden sollte. Durch den I. Weltkrieg wurden kurzfristig die Pläne geändert. Für die Jüdische Gemeinde und jüdischen Krankenpflegeverein hatte der Kriegsdienst als „Dienst am Vaterland“ Vorrang und das Haus wurde als Lazarett für die Kriegskrankenpflege zur Verfügung gestellt. Durch Spenden der Jüdischen Gemeinde konnte im Haus ein Lazarett mit 30 Betten eingerichtet werden. Bona Baruch wurde Oberschwester im sogenannten Reservelazarett 8, dass verwundete Soldaten gleich welchen Glaubens versorgte. Erst im April 1919 wurde das Lazarett aufgelöst und konnte der eigentlichen Bestimmung zugeführt werden.

 

Dort nahm sich Bona Baruch am 24.11.1941 das Leben. Genaue Umstände zu ihrem Suizid sind mir nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass der Suizid mit dem Antisemitismus und die Übergriffe auf Juden im Zusammenhang steht.

 

Quellen: Das Tagebuch der jüdischen Kriegskrankenschwester Rosa Bendit, 1914 bis 1917 ISBN-13: 9783515101554 ISBN-10: 3515101551; YAD VASHEM


 

Erna Baruch, geborene Kurzweil

 

Die Krankenschwester Erna Baruch (oder Barukh), geborene Kurtzveil, wurde am 24.4.1903 in Wien in Österreich geboren. Ihre Eltern waren Shlomo und Mina Kurtzveil, die berufsbedingt von Wien nach Köln umziehen mussten. Sie hatte wenigstens zwei Brüder, Eliezer und Yaakov, die überlebten und für sie bei Yad Vashem Erinnerungsblätter ausfüllten.

 

Im I. Weltkrieg arbeitete Erna als gelernte Krankenschwester in einem Lazarett in Frankfurt am Main. Dort lernte sie den Kaufmann Heimann (oder Heymann) Baruch kennen, geboren am 19.5.1894 in Schönsee (heutiger Name Kowalewo Pomorskie in Polen), der als deutscher Jude am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte und mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet wurde. Er wurde in ihrem Lazarett aufgrund einer Verwundung gepflegt. Erna und Heimann verliebten sich, heirateten und zogen nach dem Krieg nach Berlin.

 

Ihr Ehemann hatte ein Geschäft in der Wollankstraße in Berlin. Die Familie wohnte in der Nordbahnstraße 6, später in der Schulzestraße 14.

 

Am 17.5.1926 kam ihre Tochter Hilde zur Welt, am 13.3.1940 Sohn Denny. 1939 konnte die Tochter mit einem Kindertransport nach England entkommen.

 

Am 15.6.1938 wurde ihr Mann im Rahmen der Aktion „ArbeitsscheuReich“ aus Berlin in das KZ Buchenwald verschleppt. Am 14.4.1939 wurde er aus dem KZ entlassen. Die Familie musste in ein sogenanntes Judenhaus ziehen, in die Ackerstraße 15.

 

Die gelernte Krankenschwester musste Zwangsarbeit bei der Firma Pertrix leisten, weshalb auf der Deportationsliste auch als Beruf fälschlicherweise Arbeiterin angegeben wurde. Ihren Sohn musste Erna Baruch nun zwangsweise in einer Kinderkrippe in der Blumenstraße 95 unterbringen.

 

Pertrix in Berlin-Niederschöneweide war ein Frauen-Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen. In der seit 1928 ansässigen Pertrix Chemische Fabrik AG wurde in Absprache mit Siemens und AEG Akkumulatoren produziert. Seit 1937 war das Unternehmen eingetragener Wehrwirtschaftsbetrieb und stellte Trockenbatterien und Taschenlampen für den Wehrmachtsbedarf her, später vorrangig Bleibatterien für Flugzeuge. Neben KZ-Häftlingen wurden ab 1938 dort jüdische Zwangsarbeiter aus Berlin eingesetzt. Die Berliner Zwangsarbeiter wurden gezwungen, polnische Zivilisten, die nach Deutschland verschleppt worden waren, bei Pertrix einzuarbeiten. Anschließend wurden sie deportiert.

 

Im September 1942 wurde Heimann Baruch in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Am 11.10.1942 kam er in das KZ Dachau, wo er einen Tag später ermordet wurde. Seine Frau erhielt die Todesnachricht und gegen 40 RM eine Urne, die seine Asche enthalten sollte. Die Beerdigung ihres Mannes am 24.2.1943 auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee erlebte Erna Baruch nicht mehr. Am 9.12.1942 wurde sie und ihr zweijähriger Sohn nach Auschwitz deportiert.

 

Der sogenannte "24. Osttransport" kam am 10.12.1942 in Auschwitz an. Von den 1060 Menschen des Transportes wurden sofort 898 Menschen in die Gaskammern getrieben. Es muss angenommen werden, dass Erna Baruch und Denny zu diesen Menschen gehörten, da Mütter mit Kleinkindern sofort "selektiert" und ermordet wurden.

 

Quellen: Stolpersteine in Berlin Pankow; YAD VASHEM; Statistik des Holocaust


 
Cläre Barwitzky
 

Cläre Barwitzky wurde 1913 in Neisse/Oberschlesien geboren.

Eigentlich wollte sie Lehrerin werden. Doch ihr Vater, ein ungelernter Eisenbahner, konnte ihr die Ausbildung nicht finanzieren, da die Familie in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebte. So musste Cläre notgedrungen ihren Berufswunsch aufgeben.

 

1932 ging sie als Sekretärin von Pater Remillieux in die Pfarrei Notre-Dame-Saint-Alban in Lyon in Frankreich. Pater Remillieux war ein französischer Geistliche, der auch deutsch sprach. Er leitete eine katholische Friedensbewegung, Compagnons de Saint François. Ihr Ziel war ein echter Frieden, erreichbar durch gemeinsam gelebte Werte wie Frieden, Toleranz, Brüderlichkeit, Naturverbundenheit, Einfachheit und Lebensfreude. Dazu veranstaltete die Gemeinschaft gemeinsame Gebete, Wall- und Pilgerfahrten. Nach dem I. Weltkrieg strebte diese Friegensinitiative besonders eine Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland an. Cläre war von der Compagnons de Saint François begeistert und schloss sich der Bewegung an.

 

Nachdem sie nach Deutschland zurückgekehrt war, absolvierte sie in Freiburg von 1933 bis 1935 eine Ausbildung zur Seelsorgehelferin. Anschließend ging sie nach Frankreich zurück. Zunächst arbeitete sie in den französischen Alpen in der Gemeinde Vaujany, galt dort aber nach Kriegsausbruch aufgrund ihrer deutschen Herkunft als gefährdet. Sie zog zu einer Freundin, die in St. Etienne an der Loire eine Familienpflege-Einrichtung leitete. Dort arbeitete sie als Familienpflegerin und in der Pflege.

 

Mehr und mehr jüdische Mädchen suchten Schutz in dem Heim der Familienpflege. Papiere wurden gefälscht, um die Mädchen mit Ausweisen auszustatten. Außerdem lebten 30 jüdische Kinder in Chamonix versteckt, die sie pflegte und versorgte. Einmal reiste sie in die Stadt Lyon, die unter Beschuss stand, um dort zwei elternlose Mädchen abzuholen. Eine gewagte Aktion, denn Cläre besaß selber keine gültigen Papiere.

 

Hätten die Nazis sie erwischt, hätte es für sie übel enden können, wäre sie in die Hände der Resistance geraten und als Deutsche enttarnt worden, wäre es kaum weniger gefährlich gewesen.

 

Mit der Befreiung Frankreichs endeten für Cläre Barwitzky jedoch nicht die Probleme. Sie erzählte:

 

Ein unvergessliches Ereignis hat dieser Zeit ihren Stempel aufgedrückt. Wir hatten 2 jüdische Zwillingsmädchen, 14 Jahre alt. Eine davon war in einem Sanatorium, um eine Tuberkulose auszukurieren. Eines Tages erhielten wir die Nachricht, dass die Mutter der beiden zu Besuch kommen wollte. Es war eine der Jüdinnen, die in Auschwitz gewesen waren. Als man das KZ liquidieren wollte, schickte man etwa 100 am Leben Gebliebene zu Fuß in Richtung Dresden. Es waren alles vom Tode Gezeichnete. Acht davon erreichten Dresden lebend. Eine dieser acht war die Mutter unserer Zwillinge.

 

Ich hatte die Tochter an die Bahn geschickt, um die Mutter abzuholen. In der Zwischenzeit bereitete ich ein kleines Frühstück für uns drei. Ich flehte zu Gott und unseren Schutzengeln, uns in dieser Situation zu helfen. Wir saßen nun also am Tisch. Die Mutter erzählte ein bisschen und plötzlich sagte sie: ´Wenn ich jetzt ein deutsches Kind in Händen hielte, ich glaube, ich würde ihm am nächsten Stein den Schädel zerschmettern!´ Die Tochter unterbrach sie und sagte: ´Mama, das tätest du nicht. Sie hier, Frl. Cläre, sie ist Deutsche. Sie hat uns die ganze Zeit über unter Einsatz ihres Lebens beschützt.´ Die Frau blieb 8 Tage. Zum Abschied sagte sie mir: ´Ich habe verstanden!´ Welch eine Seelengröße.“

 

Später nahm das Haus eine jüdische Familie auf. Der als Hausmeister beschäftigte Vater wurde von Schwester Cläre dabei erwischt, dass er den größeren Mädchen nachstieg. Sie stellte ihn freundlich, aber bestimmt zur Rede.

 

Kurz danach bat ein französischer Soldat am Fenster um Essensreste für hungernde deutsche Kriegsgefangene. Cläre Barwitzky half. Der Hausmeister, der ihr die frühere Zurechtweisung nachtrug, zeigte sie anonym an. Darüber berichtete sie:

 

Die Polizei kam und verlangte von der Leiterin der Familienpflege, dass sie mich verklagen müsse. Sie antwortete: ´Wir sollen eine Frau verklagen, die ihr Leben riskiert hat, um in Chamonix diese Judenkinder über ein Jahr zu beschützen, damit sie nicht ins KZ verschleppt würden?! Niemals!´ Der Advokat, der mit der Sache befasst war, antwortete: ´Dann werde ich klagen!´“

 

Schließlich setzte sich Abbé Glasberg für sie ein, der im Pariser Ministerium für Ausländer saß, und bereinigte die Angelegenheit. Aber das Vertrauensverhältnis im Heim war zerstört.

 

Nach diesem Vorfall ging Cläre Barwitzky zuerst nach Paris und kehrte dann nach Deutschland zurück, wo sie wieder als Seelsorgehelferin arbeitete.

 

Cläre Barwitzky  starb am 10.3.1989 in Meiningen in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR).

 

Bereits zu DDR-Zeiten sollte sie als „Gerechte der Völker“ ausgezeichnet werden. Doch sie lehnte ab, denn sie wollte nicht zum Politikum als „antifaschistische Friedenskämpferin“ gemacht werden. 1991 wurde ihr der Ehrentitel posthum verliehen.

 

Quellen: Herta Dotzauer: Schwester Cläre Barwitzky; RU-Kurier - Zeitschrift für den Religionsunterricht, Bistum Würzburg, 2003; Yad Vashem: The Righteous Among the Nations


 
 
 
 
 
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