Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Hermine Eberle, geb. Holzinger

 

Hermine Holzinger wurde am 28.1.1911 in Berneck in Oberfranken geboren. Ihre Eltern waren der jüdische Arzt Dr. med. Jakob Holzinger und Selma, geborene Oettinger. Hermine hatte zwei jüngere Brüder, Rudolf, geboren am 4.7.1914, und Werner, geboren am 12.9.1917. Die Familie wohnte in Stuttgart, wo ihr Vater bis 1933 eine gutgehende Praxis hatte und die Familie großes Ansehen genoss. Hermine besuchte den Katharinenstift, ein Mädchengymnasium. Später sollte es sich herausstellen, dass es vorteilhaft war, dass diese Schule einen Schwerpunkt auf Englisch- und Französischunterricht hatte.

 

Hermine und ihre Brüder wuchsen sehr liberal auf, waren in ihren Ansichten eher links orientiert, begeisterten sich für die Arbeiterbewegung. Hermine besuchte auch Veranstaltungen der MASCH, die Marxistische Arbeiterschulung, eine Art Volksuniversität. Dort lernte sie Rudolf Eberle kennen, einen Buchdrucker. In einem traditionellen Elternhaus wäre die Verbindung zwischen einer Arzttochter und einem Buchdrucker undenkbar gewesen.

 

Nach der Schule machte Hermine zur Überbrückung die Ausbildung zur Wohlfahrtspflegerin, die sie abschloss. Dann endlich hatte sie einen Platz in der Krankenpflegeschule. In der Landesfrauenklinik in Berg konnte sie die Ausbildung zur Krankenschwester machen. Das war für sie eine Alternative zum Medizinstudium, das sie nicht machen durfte. Der Traum platzte 1933. Sie wurde als Jüdin rausgeschmissen. Die Situation verschärfte sich. Dr. Holzinger hatte rechtzeitig Geld ins Ausland transferiert und auf Ibiza eine kleine Finca gekauft. Die Sicherheit für seine Kinder, falls sie fliehen müssten. Nach dem Rausschmiss aus der Krankenpflegeschule emigrierte Hermine nach Paris, wo sie eine Anstellung als Kindermädchen fand. Zwei Jahre später zog sie nach Ibiza auf die Finca  und widmete sich zwangsweise mit Bruder Rudolf und ihrem Rudolf der Landwirtschaft. Später kam auch Werner dazu. Ihre Eltern blieben in Stuttgart zurück und wählten den Freitod, um einer Deportation zu entgehen.

 

Ibiza war nicht unbedingt die beste Idee ihres Vaters gewesen. Denn Ibiza gehörte zu Spanien, Spanien gehörte inzwischen Franco und der verstand sich mit der katholischen Kirche und anderen Faschisten prächtig. So gab es ein deutsch-spanisches Abkommen vom 31.7.1938, dass die Auslieferung von jüdischen Exilanten an das Deutsche  Reich regelte. Gegen dieses Abkommen schien die spanische katholische Kirche nichts zu haben, anscheinend konnte sie auch keine Juden leiden. So verschwanden die jüdischen Flüchtlinge auf Ibiza sehr schnell. Nur Hermine, ihr Sohn Didier, ihr nichtjüdischer Ehemann und ihre Brüder waren noch da. Das hätte sich beinahe auch erledigt trotz ihres Landbesitzes. Vorausschauend und weise waren aber die Geschwister Holzinger zum katholischen Glauben konvertiert. Und ein Schreiben des  päpstlichen Nuntius in Madrid verhinderte im allerletzten Moment ihre Abschiebung nach Deutschland.

 

Das  Schreiben des Nuntius schützte sie allerdings nicht vor der ständigen Überwachung durch die Polizei. Ob katholisch oder nicht, auch für die spanischen Antisemiten blieb ein Jude ein Jude. So verwunderte es auch nicht, dass Hermine mit ihrem Mann und Sohn nach Kriegsende auswanderten. Sie ließen sich in Kolumbien nieder, dann in den USA, danach in Brasilien, um zum Schluss wieder auf ihrer Finca zu landen. Die Finca gehörte ihnen wenigstens. Also wieder Landwirtschaft statt Krankenpflege. Aber sie hatten überlebt.

 

Quellen: Stuttgarter jüdische Ärzte während des Nationalsozialismus, ISBN 3826042549, 9783826042546; Stolpersteine für Stuttgart; Unerwünscht!, ISBN 978-3-944137-40-7


 

Else Eberlein

 

Else Eberlein wurde am 28.9.1910 in Berlin geboren. 1929 machte sie ihr Abitur am Gymnasium "Zum Grauen Kloster". Drei Jahre später legte sie als Rotkreuzschwester das Examen als Krankenschwester ab. Ab 1933 leistete Else Eberlein aktiven Widerstand. Ob und welcher Widerstandsgruppe sie angehörte, ist mir bisher nicht bekannt. 1943 wurde sie verhaftet und zu Zuchthaus verurteilt. Nach ihrer Befreiung wurde sie betreffs ihrer Haftstrafe rehabilitiert. Ab 1961 war sie die Direktorin der "Medizinischen Fachschule Jenny Marx" an der Charité. 1969 wechselte sie in den Ruhestand und verstarb zehn Jahre später am 1.2.1979.


 

Johanna Eck, geb. Opitz

 

Johanna Opitz wurde am 4.1.1888 in Berlin geboren. Die ausgebildete Krankenschwester war mit einem Soldaten verheiratet und verwitwet. Ihr verstorbener Mann war im I. Weltkrieg  und hatte sich mit seinem Kameraden Jakob Guttmann, ein jüdischer Soldat, angefreundet. Als die Familie Guttmann deportiert wurde, konnte sich als Einziger Jakobs Sohn Heinz retten. Ohne Hilfe wäre seine Flucht sehr bald zu Ende gewesen. Hilfe bedeutete jedoch für den nichtjüdischen Helfer Volksgerichtshof wegen Judenbegünstigung und das konnte sehr schnell tödlich enden.

 

Johanna Eck war das egal. Sie versteckte den jungen Mann in ihrer Wohnung und organisierte irgendwie Essen für ihn. Im November 1943 wurden sie ausgebombt. Nun war es für Johanna erst einmal vorrangig, für ihren Schützling ein neues Versteck zu finden. Auch dort versorgte sie ihn mit Essenszuwendungen, als es bereits sehr schwierig war, selber ausreichend Nahrung zu bekommen. In dem neuen Zufluchtsort von Heinz versteckte sich auch eine junge Frau, Elfriede Guttmann, die allerdings nicht mit Johannas anderem Schützling verwandt war. Als die Gestapo im Dezember 1943 das Haus durchsuchte, in dem sich die junge Frau aufhielt, wurde die 21jährige fast entdeckt. Daraufhin nahm Johanna, die inzwischen eine Einzimmerwohnung zugeteilt bekommen hatte, Elfriede zu sich.

 

Eine ehemalige Klassenkameradin von Elfriede, Erika Hausmann, half uneigennützig, in dem sie Elfriede einige ihrer Personalpapiere überließ. Das war überlebenswichtig, denn nach dem nächsten großen Bombenangriff konnte Johanna ihren Schützling mit diesen Papieren als „arisches“ Bombenopfer legalisieren. Johanna bot auch dem Ehepaar Duesberg Unterschlupf. Wilhelm Duesberg wurde als regimekritischer Journalist von der Gestapo gesucht. Die Unterstützung von Staatsfeinden hätte Johanna auch den Kopf kosten können.

 

Alle vier Schützlinge von Johanna Eck überlebten den nationalsozialistischen Terrorstaat. Dennoch endete es tragisch. Elfriede Guttmann erkrankte nach der Befreiung schwer und starb, bis zur letzten Minute gepflegt von Johanna, am 1.6.1946, einen Tag vor der geplanten Auswanderung in die USA, in einem Berliner Krankenhaus. Johanna ließ sie auf dem Friedhof Weissensee beerdigen und finanzierte auch ihren Grabstein. Wilhelm Duesberg sollte kurz nach dem Krieg gegen mehrere Kriegsverbrecher aussagen und starb in einem Stuttgarter Gerichtssaal an einem Herzinfarkt. Seine Frau emigrierte später in die USA.

 

Als Johanna gefragt wurde, weshalb sie den Verfolgten geholfen hatte und sich damit selber in Lebensgefahr brachte, antwortete sie: „Die Motive für meine Hilfe? Nichts Besonderes. Grundsätzlich denke ich so: Ist mein Mitmensch in einer Notlage und ich kann ihm beistehen, so ist das eben meine verfluchte Pflicht und Schuldigkeit. Unterlasse ich diese Hilfe, so erfülle ich eben nicht die Aufgabe, die das Leben – oder vielleicht Gott? – von mir fordert. Die Menschen, so will es mir scheinen, bilden eine große Einheit, und wo sie einander Unrecht tun, schlagen sie sich selbst und allen ins Gesicht. Dies sind meine Motive.“

 

Am 11.12.1973 wurde die Krankenschwester von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern anerkannt. Am 27.9.1979 starb Johanna Eck und erhielt ein Ehrengrab auf dem Sankt-Matthias-Friedhof in Berlin-Tempelhof. Seit 2014 trägt die Integrierte Sekundarschule in Berlin-Tempelhof den Namen „Johanna-Eck-Schule“.

 

Quellen: YAD VASHEM; Wikipedia


 

Anna Ecker-Wittmann

 

Die Krankenpflegerin Anna Ecker-Wittmann wurde am 17.7.1890 geboren. Ihr Neffe Ludwig Beer hatte bei den Internationalen Brigaden mitgekämpft. Danach schloss er sich der französischen Résistance an. Er wurde mit anderen österreichischen Widerstandskämpfern im März 1943 als französischer Fremdarbeiter getarnt zum Aufbau einer Widerstandsorganisation nach Wien gesandt. Ein gefährliches Unterfangen, denn in Österreich war er bereits mehrmals als Kommunist verhaftet worden und außerdem galt er als Mischling I. Grades.

 

Als Francis Bertrand Renaud soll er sich angeblich auch bei seiner Tante Anna Ecker-Wittmann aufgehalten haben. Als ein Mitkämpfer festgenommen wurde und bei den Gestapo-Verhören zu plaudern anfing, konnte die Gestapo Wien am 24.8.1943 fast alle eingeschleusten Widerstandskämpfer festnehmen. Unter den Festgenommenen befand sich auch die Krankenpflegerin. Anna Ecker-Wittmann warf man vor, von den kommunistischen Betätigungen ihres Neffen gewusst zu haben und auch darüber informiert gewesen zu sein, dass er unter verkehrter Identität in der Illegalität lebte. Der Volksgerichtshof verurteilte Anna Ecker-Wittmann wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zwei Jahren Zuchthaus. Ihr Neffe wurde im April 1944 in das KZ Dachau verschleppt, dass er nicht überlebte. Anna Ecker-Wittmann blieb bis zum 6.4.1945 in Haft.

 

Quelle: DÖW


 

Gellina Eckstein

 

Gellina Eckstein war die Tochter von Hartog Eckstein und Henderina Eckstein-Odewald. Sie wurde am 4.11.1880 in Appingedam geboren. Sie hatte einen älteren Bruder namens Emanuel Eckstein, geboren am 28.8.1878 in Uithuizen. Die Krankenschwester war Oberschwester in "Het Apeldoornsche Bosch". Gellina Eckstein wurde nach Sobibor deportiert und am 23.4.1943 ermordet. Das gleiche Schicksal erfuhr ihr Bruder am 26.3.1943.

 

Quelle: Joods Monument


 

Salomon Eckstein

 

Salomon Eckstein wurde am 17.1.1883 in Uithuizen geboren. Er hatte eine ältere Schwester, Perlina van Praag-Eckstein, geboren am 31.5.1879 ebenfalls in Uithuizen. Die Familie zog 1904 von Uithuizen nach Apeldoorn. Salomon arbeitete ab 1912 als Krankenpfleger in der psychiatrischen Anstalt Het Apeldoornse Bos. Seine Schwester arbeitete später in der gleichen Einrichtung als Hauswirtschafterin. In Het Apeldoornse Bos lernte er 1913 seine Frau Sara de Meza kennen. Sie arbeitete dort als Krankenschwester. Sara und Salomon heirateten 1917 und bekamen 1919 einen Sohn, der den Holocaust überlebte.

 

Salomon Eckstein war Vorsitzender der örtlichen Gewerkschaft. Außerdem unterrichtete er Esperanto. Seine Frau erreichte die Position als Oberschwester.

Salomon Eckstein und seine Frau gehörten zu den Mitarbeitern, die am 22.1.1943 „freiwillig“ die Deportation der Patienten aus Het Apeldoornse Bos begleiten mussten. Sie wurden in Auschwitz ermordet. Das offizielle Sterbedatum ist der 5.2.1943. Auch Salomons Schwester wurde deportiert und starb am 12.2.1943 in einem Außenlager bei Prag.

 

Quelle: Joods Monument


 

Sara Eckstein-de Meza

 

Sara Eckstein-de Meza wurde am 23.11.1887 in Amsterdam geboren. Sie war verheiratet mit Salomon Eckstein. Beide arbeiteten in der psychiatrischen Anstalt Het Apeldoornse Bos, wo sie sich 1913 kennenlernten. 1917 hatten sie geheiratet und zwei Jahre später einen Sohn bekommen, der den Holocaust überlebte. Sara wurde in Het Apeldoornse Bos Oberschwester.

 

Sara Eckstein-de Meza und ihr Ehemann gehörten zu den Mitarbeitern, die am 22.1.1943 „freiwillig“ die Deportation der Patienten aus Het Apeldoornse Bos begleiten mussten. Sie wurden in Auschwitz ermordet. Das offizielle Sterbedatum ist der 5.2.1943.

 

Quelle: Joods Monument


 

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