Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Feige (Fanny) Podgorz, geb. Schiller

 

Feige (Fanny) Schiller wurde am 18.8.1904 in Halicz in der Ukraine geboren und war die Ehefrau von Pinkus Podgorz. Von den Nazis wurde sie als staatenlos erklärt. Sie war im belgischen SS-Sammellager Mechelen. Unter der Nummer 575 wurde sie am 10.10.1942 mit dem Transport XII nach Auschwitz deportiert. Es muss angenommen werden, dass die Krankenpflegerin den Holocaust nicht überlebte.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Elisabeth Polak-Ova

 

Die Krankenschwester Elisabeth Polak-Ova wurde am 4.7.1896 in Duisburg in Deutschland geboren. Die Nazis erklärten sie als staatenlos und internierten sie im Sammellager Mechelen. Mit dem Transport XI wurde sie am 26.9.1942 unter der Nummer 2106 nach Auschwitz deportiert. Es war das letzte Lebenszeichen von Elisabeth Polak-Ova. Ein Sterbedatum ist nicht bekannt.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Ilse Pollak, geb. Leo

 

Ilse war die Tochter von dem Rechtsanwalt und Notar Dr. jur. Wilhelm Leo, geb. 13.12.1886 in Magdeburg, und Frieda, geborene Warschau 1890. Sie wurde am 3.7.1919 in Berlin geboren. Ihre jüngeren Geschwister waren Edith Schauwecker, geboren 1921, und Gerhard, geboren 1923. 1926 zog die Familie von Berlin nach Rheinsberg, wo ihr Vater in ihrem Wohnhaus auch eine Rechtsanwaltkanzlei eröffnete. 1931 führte ihr Vater, der der SPD angehörte, einen Prozess gegen Goebbels wegen Rufschädigung, den er gewann. Joseph Goebbels hatte öffentlich behauptet, dass sein Klumpfuß durch Folter im von Frankreich besetzten Köln entstanden war, die ein französischer General angeordnet hatte. Ilses Vater, beauftragt von dem General, konnte beweisen, dass Goebbels log und der Klumpfuß angeboren war.

 

Ilse beschrieb ihre Kindheit in Rheinsberg als "Paradies", aber ab 1932 wurde es auch für sie als Kind deutlich spürbar, dass man sich angesichts der Nazis zunehmend Sorgen machte. Spätestens am 28.2.1933 endete abrupt ihre Kindheit. Ihr Vater, der als Jude galt, obwohl er eigentlich keine Verbindung zur jüdischen Religion, eher zur christlichen hatte, wurde vor dem Haus von SA-Leuten zusammengeschlagen und in einen Lkw geschliffen. Fieberhaft suchte Ilses Mutter nach ihm, bis es ihr gelang, ihn im KZ Oranienburg ausfindig zu machen. Mit Hilfe von Freunden gelang es ihr, ihn aus dem KZ herauszubekommen. Nach einigen Wochen Krankenhausaufenthalt kehrte er nach Hause zurück, schien aber gebrochen. Ihm wurde seine Anwaltszulassung entzogen, der Reisepass beschlagnahmt und Goebbels strengte einen Prozess gegen ihn an wegen Verleumdung betreffs seines Klumpfußes. 

 

Heimlich begannen Ilse und ihre Mutter ihr Eigentum zu verkaufen, um an Geld für eine Flucht zu kommen. Durch einen Bekannten und einem Fluchthelfer konnten die Eltern und der jüngere Bruder nach Frankreich flüchten, Ilse und ihre Schwester kamen erstmal bei ihrer Großmutter in Hamburg unter, da sonst die Gruppe für eine Flucht zu groß gewesen wäre. Nachdem die Gestapo auf die Mädchen in Hamburg aufmerksam wurde, beschloss die Großmutter, sie außer Landes zu schaffen. Allerdings wurden den Mädchen zunächst die Ausreisepapiere verweigert, weil gegen ihren Vater wegen "Hochverrat" ermittelt wurde. Mit einer List gelang es der Großmutter an die Papiere zu kommen und sie brachen sofort nach Frankreich auf. 

 

In Frankreich befand sich die Familie in schwierigen und ärmlichen Verhältnissen, schien aber erstmal in Sicherheit. Da das Geld fehlte, musste Ilse die Schule abbrechen und eine Lehre beginnen, was heftig an ihr nagte, weil sie so kein Abitur machen und studieren konnte. Neben ihrer Ausbildung besuchte sie eine Abendschule, um doch noch an ihr Abitur zu kommen, unter dem Eindruck des Krieges in Spanien absolvierte sie einen Erste-Hilfe-Kurs, um sich später bei den Internationalen Brigaden als Krankenschwester melden zu können. Im April 1938 verschärfte sich die Lage in Frankreich. Die französische Volksfrontregierung musste abtreten, die konservative Regierung wollte die Emigranten los werden. Ihr Vater wurde mit Ausweisung bedroht. An der Abendschule fiel Ilse durch´s Abitur durch, sie schaffte die Deutschprüfung nicht. Im Herbst hätte sie die Prüfung wiederholen können, dazu kam es nicht. Ab September 1939 wurde begonnen, die Flüchtlinge zu internieren. Von einer Sammelstelle wurden Ilse und Edith in das Lager Gurs verschleppt. Gurs wurde auch als "Vorhof der Hölle" bezeichnet, was genug über die dortigen Verhältnisse aussagt.

 

Edith gelang aus Gurs die Flucht, konnte sich zur Mutter in Paris durchschlagen. Dort lernte sie einen deutschen Wehrmachtsoberleutnant kennen, mit dem sie sich verlobte. Es ist nicht geklärt, ob er ihre wahre Identität kannte oder dass sie wusste, dass seine Familie überzeugte Nazis waren. Auf jeden Fall hatten Edith und die Mutter Schutz und konnten durch ihn unbehelligt nach Hamburg zurückkehren.  

 

Ilse arbeitete im Lager als Krankenschwester. Aufgrund ihrer französischen Schwesterntracht und ihres akzentfreien Französisch hielt sie sogar der Lagerarzt für eine Einheimische. Während einer Ruhrepidemie unter den Lagerinsassen lernte sie 1940 bei der gemeinsamen Arbeit den österreichischen Arzt Heinz Pollak, geboren am 18.6.1911 in Wien, kennen und lieben. Am 8.8.1941 beschlossen Ilse und Heinz mangels Standesamt und Kirche für sich den Bund fürs Leben. Beide waren der kommunistischen Partei beigetreten.

 

Durch die Hilfe der katholischen Organisation Amitié Chrétienne gelang es dem Paar, das Lager Gurs am 25.11.1941 vor den großen Deportationen in die Vernichtungslager zu verlassen. Vermutlich half es ihnen, dass sie bereits christlich erzogen und getauft waren und ihre Berufe, denn der Organisation fehlten Ärzte und Krankenschwestern. Sie kamen in das Dorf Chansaye, 45 Kilometer von Lyon entfernt, in dem sie sich in einem Umkreis von fünf Kilometern frei bewegen konnten.

 

Ilse war hochschwanger, als in Frankreich die Treibjagd auf Juden begann. Sie wurde in einer Privatklinik versteckt, wo sie am 2.9.1942 ihre Tochter Susanne Edith zur Welt brachte. Ihr Mann konnte sich vor den Häschern verstecken. Beide schlossen sich über eine österreichische Widerstandsgruppe der Résistance mit gefälschten Papieren an. Heinz war als Henri Tréflère an Sabotage beteiligt, Ilse arbeitete nun als Iréne Tréflère in einem illegalen jüdischen Kinderheim in Limoges, das gleichzeitig ein Waffenumschlagplatz der Résistance war. Nach der Befreiung Frankreichs sah sich das Ehepaar nach zwei Jahren wieder. Lange währte das Glück nicht, denn Heinz bekam von der kommunistischen Partei den Auftrag, nach Österreich zurückzukehren, um dort eine neue Gesellschaft aufzubauen. Mangels Verkehrsmittel konnten ihn Ilse und Tochter Susi vorerst nicht begleiten. Sie kehrte mit ihrer Tochter nach Paris zurück, wo sie ihren Vater wiedertraf, der durch die letzten Jahre sehr mitgenommen war. Kurz vor seiner Heimreise nach Deutschland brach er auf der Straße zusammen und verstarb.

 

Am 6.12.1945 kam Ilse mit ihrer Tochter in Wien an. In Wien lebte die Familie in einer Arbeitersiedlung, in der Heinz als Arzt auch praktizierte und Ilse als Sprechstundenhilfe ihm assistierte. Im Mai 1946 heirateten Heinz und Ilse Pollak dann offiziell am Standesamt in Wien-Floridsdorf, ihren Hochzeitstag feierten sie aber stets am 8. August. Sie bekamen 1947 noch einen Sohn Thomas und 1952 eine Tochter Betsy (Elisabeth). Ihren Kindern erzählten sie erst sehr spät von ihrer Vergangenheit, vermieden es, von Juden oder der Shoa zu sprechen und verschanzten sich hinter extremen Tagesstrukturen, um ihr Überleben in den Griff zu bekommen.  

 

Mit 60 Jahren erfüllte sich Ilse einen Lebenstraum. Sie holte endlich ihr Abitur nach und studierte Psychologie. Anschließend eröffnete sie eine Praxis für Kinderpsychologie und praktizierte noch zehn Jahre lang. Am 1.11.2003 starb Heinz Pollak. Ilse Pollak verstarb am 14.12.2011 in Wien.

 

Quellen: Maxim Leo: "Wo wir zu Hause sind - Die Geschichte meiner verschwundenen Familie", ISBN 9783462050813; Gedenkbuch Universität Wien;

lorenz.ist.org: «Henri Tréflère» - Ein österreichischer Partisan


 

Schwester Gunthilde oder Margaret Potthoff

 

Margaret Potthoff wurde am 19.5.1919 in lserlohn in Westfalen geboren. 1931 beendete sie die Krankenpflegeausbildung im Marienhospital in Osnabrück.

 

Am 20.4.1933 trat sie in Trier in das Mutterhaus der Borromäerinnen ein, nahm den Ordensnamen Schwester Gunthilde an und legte nach zwei Jahren das erste Gelübde als Ordensfrau ab.

Am 6.12.1939 wurde Schwester Gunthilde nach Berlin in das St. Hedwig-Krankenhaus versetzt. Zunächst arbeitete sie als Operationsschwester. Bald übernahm sie die Leitung der chirurgischen Operationsabteilung. Am 1.10.1943 wurde sie außerdem als Unterrichtsschwester für die zum Krankenhaus gehörende Krankenpflegeschule berufen.

 

Schwester Gunthilde stand in ihren Ansichten und Verhalten gegenüber der braunen Diktatur stellvertretend für viele Pflegepersonen im katholischen Krankenhaus im Herzen des evangelischen Berlins, weil sie namentlich bekannt wurde durch ihre Zeitzeugenberichte als Chronistin des Krankenhauses. Sie berichtete von den schweren Kriegszeiten, als Ärzte und Pflegepersonal unter den misslichsten Umständen den Krankenhausbetrieb aufrecht erhielten. "In der Beschusszeit bin ich zwei Wochen nicht aus den Kleidern gekommen."

 

Auch erinnerte sie sich an die Verfolgung der jüdischen Mitbürger: "Von den Leuten hier im Viertel wollte ja keiner was gewusst haben. Wir haben es gewusst. Es gab in der Zeit keine Brotanschnitte im Krankenhaus. Die haben wir gleich abgeschnitten, gesammelt und in Tüten gepackt. Jungens von der Straße warfen sie dann in unserem Auftrag drüben im Altersheim durchs Fenster." Das jüdische Altersheim in der Hamburger Straße diente in dieser Zeit den Nazis als Sammelstelle für zusammengetriebene Juden, die deportiert werden sollten. Die Hilfe für dieses Altersheim ging weiter, denn der Oberarzt Dr. Erhard Lux und die Fürsorgerin Marianne Hapig hatten sich eine Vollmacht besorgt zur hygienischen Betreuung der Einrichtung. Über diese Beiden gelangten bei Visiten Lebensmittel und Medikamente aus dem St. Hedwig Krankenhaus zu den Inhaftierten und einige Mitbürger konnten durch Fehldiagnosen vor der Deportation bewahrt werden. Schwester Gunthilde war auch beteiligt an der Rettung von "desertierten" Kindern und Jugendlichen des Volkssturms.

 

1949 wurde Schwester Gunthilde nach Bingen am Rhein versetzt, wo sie bis 1959 blieb. Mit dem Bau der Berliner Mauer 1961 war Berlin geteilt. Das St. Hedwig Krankenhaus gehörte im Ostteil der Stadt nun zur Hauptstadt der DDR (Deutsche Demokratische Republik).

 

Zwei Jahre später, 1963, kehrte Schwester Gunthilde ins St. Hedwigskrankenhaus zurück. Sie wurde als leitende Unterrichtsschwester in der Krankenpflegeschule eingesetzt. Um den Gesetzen der DDR zu genügen, musste Schwester Gunthilde, die ja bereits im gleichen Hause sechs Jahre Unterrichtstätigkeit nachweisen konnte, die Ausbildung zur "Lehrmeisterin im Gesundheits- und Sozialwesen" absolvieren: "Da musste ich halt noch mal ran. 100 Stunden Marxismus! Habe ich glatt gemacht. Die dachten doch, sie können uns auf die Tour stilllegen."

 

Ab 1975 musste die Krankenpflegeschule des St. Hedwig Krankenhauses mit der medizinischen Fachschule in Berlin-Buch kooperieren. Diese Entwicklung könnte ein Grund gewesen sein, warum Schwester Gunthilde als Schulleiterin der Krankenpflegeschule 1977 zurücktrat. In den folgenden drei Jahren leitete sie das Internat der Krankenpflegeschule.

 

Am 13.10.1995 verlor Berlin mit Schwester Gunthilde eine Persönlichkeit, die all die Eigenschaften besaß, die die Stadt gerne seinen Einwohnern zurechnet: Menschlichkeit, Tatkraft, Geradlinigkeit, Courage, Schlagfertigkeit und eine gehörige Portion Mutterwitz.

 

Quellen: Das Scheunenviertel und die Spandauer Vorstadt , ISBN: 3939629383, 978-3939629382; Zeitzeugenbericht Gad Beck


 

Ida Prager

 

Ida Prager (tschechisch Pragerova) wurde am 12.8.1902 geboren. Alfred und Sofie Götzl waren ihre Eltern. Ihr Ehemann war der Rechtsanwalt Dr. Karel Prager, geboren am 18.7.1888. Das Ehepaar hatte einen Sohn, Tomas (Tomy), geboren am 22.4.1928, und eine jüngere Tochter, Evelina (Eve), geboren am 23.2.1931. Mit der Besetzung von Tschechien 1939 geriet die bis dahin gutsituierte jüdische Familie in große Bedrängnis. Karel Prager durfte nicht mehr als Anwalt arbeiten und die Kinder wurden der Schule verwiesen.

 

Es gelang Ida und Karel Prager, der achtjährigen Tochter einen Platz in dem Zug von Nicholas Winton, der ein Kinderhilfswerk in England für jüdische Kinder ins Leben gerufen hatte, nach England zu sichern. Am 1.7.1939 konnte das Mädchen Prag verlassen. Auch für ihren Sohn Tomas hatten sie das Visum erreicht. Dafür hatte Ida Prager sogar die Gastmutter ihrer Tochter brieflich um Hilfe gebeten. Doch der letzte Kindertransport am 1.9.1939, in dem Tomas bereits saß, durfte Prag nicht mehr verlassen.

 

1941 musste die Familie in ein sogenanntes "Judenhaus" umziehen. Am 23.7.1942 wurde das Ehepaar mit ihrem Sohn von Prag nach Theresienstadt deportiert (Transport AAt, c. 589). Im Ghetto arbeitete Ida Prager als Kinderkrankenschwester. Als ihr Name und der ihres Sohnes auf einer Deportationsliste stand, meldete sich ihr Mann freiwillig. Am 26.1.1943 wurde die Familie mit dem Transport Cs, c. 253 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

 

Quelle: YAD VASHEM; holocaust.cz


 

Josef Pühringer

 

Der Krankenpfleger Josef Pühringer arbeitete in der Heil- und Pflegeanstalt Gugging und verweigerte eine Mittäterschaft an Euthanasieverbrechen.

 

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