Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Gertrude Block (Gerda Bloch)

 

Gerda Bloch wurde am 21.9.1893 in Mannheim geboren. Ihre Eltern waren Salomon und Bertha, geborene Bühler. Sie hatte wenigstens einen Bruder, dem rechtzeitig die Flucht in die USA gelang.

 

Ihr jüdisches Elternhaus war vermutlich sehr liberal und assimiliert, denn der Vater gehörte der Mannheimer Loge „Odd Fellows“ an. Diese Loge gehörte zum „Independent Order of Odd Fellows“, eine internationale tätige Gemeinschaft, die sich humanitären Aufgaben widmete. Die Loge war überkonfessionell und politisch neutral.

 

Wo Gerda ab 1923 ihre Ausbildung als Krankenschwester absolvierte, ist nicht bekannt. Ab 1925 galt sie als staatlich anerkannte Krankenschwester. Zusätzlich hatte sie auch eine Ausbildung zur Kindergärtnerin. Um 1932 zog sie von Karsruhe nach Frankfurt und gehörte dort dem Schwesternheim an.

 

Wann und warum sie sich in Gertrude Block umbenannte, konnte ich nicht ermitteln. Vielleicht stand die Namensumbenennung in Verbindung mit ihrer Emigration. Ihr gelang es so ziemlich im letzten Moment am 20.7.1939 nach England zu flüchten. Eigentlich wollte sie in die USA zu ihrem Bruder, doch ihr bereits beantragtes USA-Visum traf nicht rechtzeitig ein. Damit entfiel auch ihre bereits gebuchte und bezahlte Schiffspassage in die USA. Aber hätte sie auf dieses Visum gewartet, wäre sie aus Nazideutschland nicht mehr herausgekommen, denn mit dem Überfall auf Polen und dem Beginn des II. Weltkrieges waren die Grenzen dicht.

 

In England musste sie als Krankenpflegerin in einem Altenheim arbeiten, da ihre deutsche Ausbildung als Krankenschwester nicht anerkannt war. Außerdem arbeitete sie auch in einem Kindergarten, dessen Leiterin sie wurde. Mit der finanziellen Unterstützung des Bruders und dem so verdienten Geld konnte sie 1940 endlich die Fahrt in die USA antreten. Mit dem Schiff gelangte sie von Glasgow über New York nach Los Angeles.

 

Zunächst war der Anfang schwer, denn auch dort musste sie als Krankenpflegerin oder als Haushaltshilfe arbeiten. Ihr halfen aber bei der Arbeitssuche die guten Zeugnisse und Empfehlungsschreiben aus Deutschland und England über ihre Fähigkeiten als Krankenschwester und Kindergartenleiterin. Außerdem arbeitete sie unbezahlt im White Memorial Hospital in Los Angeles, um ihre Anerkennung als Krankenschwester zu bekommen.

 

1947 hatte sie es geschafft und erhielt ihre Anerkennung als registrierte Krankenschwester in Kalifornien. Anschließend arbeitete sie in San Francisco in der Privatpflege.

 

Gertrude Block starb in den USA 1970.

 

Quellen: OAC (Online Archiv of California); Magnes; www.juedische-pflegegeschichte.de/; snac


 

Paula Block

 

Über die jüdische Krankenschwester Paula Block ist leider wenig bekannt. Paula wurde am 7.11.1888 in Wuppertal-Elberfeld geboren.

 

1915 absolvierte sie ihre Ausbildung zur Krankenschwester in Frankfurt/Main beim Verein für jüdische Krankenschwestern. Anschließend arbeitete sie in Frankfurt/M und Pforzheim.

 

Ihr letzter Wohnort war das Frankfurter Schwesternhaus. Am 15.9.1942 wurde Paula nach Theresienstadt unter der Nummer 114 mit dem Transport XII/3 verschleppt. Vermutlich hatte sie im Ghetto Theresienstadt auch als Krankenschwester gearbeitet.

 

Am 18.10.1944 wurde Paula schriftlich benachrichtigt, dass sie sich in der Nacht in der sogenannten Schleuse einzufinden hat. Dann wurde sie am 19.10.1944 mit dem Transport „ES“, der neunte von elf solcher Transporte, als Nummer 675 von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. Am 20.10.1944 kam der Zug in Auschwitz mit 1500 Menschen an. Da Paula über 50 Jahre alt war, hatte sie bei der „Selektion“ keine Chance.

 

Vermutlich wurde Paula Block gleich am 20.10.1944 ermordet.

 

Quellen: YAD VASHEM; Archiv Heesen; Jüdische Pflegegeschichte / Jewish Nursing History – Biographien und Institutionen in Frankfurt am Main“; Gedenkbuch für die NS-Opfer aus Wuppertal; Bundesarchiv Gedenkbuch: Terezinska Pametni Kniha [Theresienstädter Gedenkbuch]


 

Anna Khana Bloemendal, geb. Hamburg

 

Anna, genannt Ännchen, Hamburg wurde am 19.8.1913 in Arnhem geboren. Ihre Eltern waren Tobias Hamburg und Gitta, geborene Baruch. Die Mutter stammte ursprünglich aus Hamburg, Deutschland. Anna hatte drei Schwestern, Fanny, Sophie, Elisabeth, und einen Bruder. Ihre Schwester Fanny, geboren am 18.3.1911, überlebte die Shoa. Über Sophie, geboren am 17.3.1912, und ihren Bruder Jacob ist nichts bekannt.

 

Anna war Krankenschwester und heiratete am 2.9.1941 den Handlungsreisenden Josef Bloemendal, geboren am 15.11.1912 in Bad Kissingen, Deutschland. Das Ehepaar lebte in der Driekoningendwarsstraat 87 in Arnhem.

 

Am 23.11.1942 wurden Anna, ihr Mann und Annas jüngere Schwester Elisabeth, geboren am 10.7.1919, im Durchgangslager Westerbork inhaftiert.

 

Anna und ihr Ehemann wurden am 7.9.1943 nach Auschwitz deportiert, die Schwester am 14.9.1943. Annas Mann wurde am 31.3.1944, ihre Schwester am 17.9.1943 umgebracht.

 

Anna Bloemendal wurde am 30.11.1943 in Auschwitz ermordet.

 

Quellen: Joods Monument; Yad Vashem; geni.com


 

Jeannette Blog

 

Jeannette Blog wurde am 26.12.1913 in Amsterdam geboren und war die Tochter von Marcus, geboren am 12.8.1869 in Paris, und Mijntje, geborene Roos am 3.7.1870 in Amsterdam.

 

Sie war das jüngste Kind von elf Geschwistern: Duifje, geboren am 4.1.1891, Aaltje, geboren am 16.8.1892, Clara, geboren am 14.7.1894, Elisabeth, geboren am 21.5.1896, Abraham, geboren am 7.4.1898, Sara, geboren am 13.4.1900, Henrietta, geboren am 4.4.1902, Nathan, geboren am 4.8.1904, Selina, geboren am 6.10.1908, und Isaac, geboren am 20.4.1910.

 

Jeannette war Krankenschwester und arbeitete in „Centraal Israëlitisch Krankzinnigengesticht Het Apeldoornse Bos".

 

Im „Algemeen Politieblad“, Nr. 47, 26. November 1942, 1322, Bekanntmachung 2927 wurde mitgeteilt, dass der Polizeikommissar von Apeldoorn beantragte, dass Jeannette Blog ausfindig gemacht, inhaftiert und vor Gericht gestellt werden solle. Hintergrund war, dass die Krankenschwester verdächtigt wurde, ohne die erforderliche Genehmigung der Behörden ihren Wohnort gewechselt zu haben. Das bedeutete, dass Jeanette Blog untergetaucht war.

 

Leider hatte sie kein sicheres Versteck. Sie wurde gefasst.

 

Auch ihrem Vater Marcus, ihre Schwestern Duifje und Sara und die Brüder Abraham und Isaac schafften es nicht, erfolgreich unterzutauchen. Ihr Vater wurde am 26.3.1943, ihr Bruder Abraham am 4.6.1943 in Sobibor umgebracht. Duifje wurde am 6.9.1944, Sara am 7.7.1944 und Isaac am 29.8.1942 in Auschwitz ermordet.

 

Auch Jeannette wurde nach Sobibor deportiert. Als offizielles Todesdatum gilt der 9.4.1943.

 

Die Krankenschwester Jeannette Blog wurde 29 Jahre alt.

 

Quelle: Joods Monument


 

Carolina Blok, geb. Kan

 

Carolina Kan wurde am 12.1.1896 in Winterswijk geboren. Sie wuchs in einer kinderreichen Patchworkfamilie auf, da beide Eltern ein zweites Mal geheiratet hatten und Kinder aus der ersten Ehe mitbrachten. Ihre Geschwister waren Sophia Glaser-Kan, Johanna Selina Wilzig-Kan, Betsie Polak-Kan, Benjamin Kan und Hartog Kan (siehe dort). Zuletzt lebte die Familie in Amsterdam.

 

Carolina hatte auf jeden Fall die Ausbildung zur Krankenschwester gemacht, obwohl es dazu in den Quellen keine Informationen gibt. Denn 1930 war sie Oberschwester in Het Apeldoornsche Bosch. Das wäre sie ohne entsprechende Ausbildung nicht geworden.

 

Ab 1915 machte sie eine weitere Ausbildung, legte 1916 dazu eine Zwischenprüfung ab und erhielt im Wintersemester 1918/1919 ein Diplom der Nederlandsche Vereeniging voor Psychiatrie und Neurologie. Vermutlich handelte es sich bei dieser Ausbildung um ein Aufbaustudium. Das hätte Sinn gemacht, denn vorher hatte sie auch bereits in Het Apeldoornsche Bosch gearbeitet, eine damals ausgesprochen fortschrittliche psychiatrische Anstalt, die übrigens als jüdische Einrichtung allen Menschen offenstand. Das könnte erklären, warum sie in der Einrichtung in eine leitende Position kam.

 

Im September 1923 zog Carolina nach Den Haag, im Januar 1924 heiratete sie Hagenaar Bernard Blok. Am 22.11.1924 kam ihr Sohn Hartog Blok zur Welt. Ab 1.5.1930 war sie Oberschwester in Het Apeldoornsche Bosch.

 

Am 9.10.1941 wurde ihr Ehemann bei einer Razzia in Apeldoorn als einer von dreizehn jüdischen Männern willkürlich verhaftet und in das KZ Mauthausen deportiert. Diese Männer wurden dort zwischen dem 14.10. und 5.11.1941 ermordet. In der jüdischen Gemeinde Apeldoorn verbreitete sich Angst. Viele Juden aus Apeldoorn, auch ihr 18-jähriger Sohn Hartog Blok, meldeten sich im Laufe des Jahres 1942 bei Het Apeldoornsche Bosch als Mitarbeiter. Sie hofften, dort mehr Schutz zu haben. Nachdem die nichtjüdischen Mitarbeiter in Apeldoornsche Bosch dort nicht mehr arbeiten durften, herrschte auch ein extremer Personalmangel. Ab Juni 1942 gab es in dieser Einrichtung zum ersten Mal in seiner Geschichte ausschließlich Juden. Ab 1943 mussten auch alle anderen Juden aus Apeldoorn nach Het Apeldoornsche Bosch ziehen.

 

Die jüdische Bevölkerung erkannte, dass sie dort keinen Schutz genießen, sondern in Het Apeldoornsche Bosch konzentriert wurden, um die Deportation zu vereinfachen. Als der Bahnhofsvorsteher sie warnte, dass in der Nacht  vom 20. zum 21.1.1943 ein langer Güterzug angekommen sei, flüchteten noch viele aus der Einrichtung und versuchten unterzutauchen. Am späten Nachmittag des 21. Januar begann die Deportation. Leitende Angestellte wie Direktoren, Ärzte und Verwalter wurden weggesperrt. Die Patienten wurden in der großen Halle zusammengetrieben ohne Rücksicht darauf, ob sie bekleidet, nackt oder im Schlafanzug waren und anschließend auf Lastwagen geprügelt. Die Lastwagen wurden so voll gestopft, dass die Heckklappe kaum zu gingen. Mit Höchstgeschwindigkeit fuhren die Wagen zum Zug, um dann die Patienten in die Waggons zu jagen.

 

Die Zustände in den Waggons waren verhehrend. Die Patienten hatten keinen Platz, waren zusammengepfercht, die Luftzufuhr war abgeschaltet, es herrschten Temperaturen von -5 bis +5 Grad, ungenügende Bekleidung, Dunkelheit, kein Essen, keine Medikamente - die Menschen schrieen in Todesangst. Auch die 94 Kinder aus dem Pädagogium wurden so in den Zug verladen. Um vier Uhr morgens waren alle Patienten, insgesamt 1023 Menschen, im Zug.

 

Am frühen Morgen des 22. Januars sollten sich Freiwillige als Begleitpersonal melden. Angeblich könnten sie im Osten wieder in einem Krankenhaus arbeiten. Darauf fiel keiner mehr rein. Es meldeten sich trotzdem freiwillig 20 Menschen, eine davon war Carolina Blok-Kan, der Rest wurde bestimmt. Die 46 Mitarbeiter von Het Apeldoornsche Bosch wurden in einen separaten Waggon verladen, das heißt, ihre Schützlinge hatten unterwegs keinerlei Betreuung. In Auschwitz wurden die Patienten sofort ermordet, das Personal am nächsten Tag in die Gaskammer getrieben. Für Carolina Blok und ihren achtzehnjährigen Sohn Hartog Blok gilt der 25.1.1943 als Todestag.

 

Quellen: Joods Monument; geni.com; Yad Vashem


 

Hartog „Harry“ Blok

 

Hartog, genannt Harry, Blok wurde am 22.11.1924 in Den Haag geboren und war der Sohn von dem Handelsreisenden und späteren Lageristen Bernard Blok, geboren am 9.9.1896 in Den Haag, und der Oberschwester Carolina Blok (siehe dort), geborene Kan am 12.1.1896 in Winterswijk. Es wird vermutet, dass Hartog bis 1942 das Jüdische Lyzeum in Den Haag besuchte, um das Abitur zu machen.

 

Er war ein Einzelkind, aber ab 1939 gehörte Ruth Pestachowsky (siehe dort), geboren am 28.10.1922 in Berlin, zur Familie. Die 17jährige und ihre Schwester Eva wurden von ihrer Mutter zu ihrem Schutz in den Niederlanden untergebracht, weil dieses Land zu diesem Zeitpunkt noch als sicher galt. Im Juli 1941 beendete Ruth ihre Schule und begann, als Krankenpflegeschülerin im Apeldoornsche Bosch zu arbeiten. Zwischen Hartog und ihr entwickelte sich eine Liebesbeziehung.

 

Drei Monate nach Ruth zog auch Hartog als Krankenpflegeschüler am 6.8.1942 nach Apeldoornsche Bosch.

 

Ob die Krankenpflege sein Traumberuf war, darf angezweifelt werden. Es könnte auch sein, dass er den Beruf nur ergriff, um nicht in ein deutsches Arbeitslager zu kommen.

 

Am 21.1.1943 wurden die Patienten von Apeldoornsche Bosch brutal deportiert. 50 Freiwillige vom Pflegepersonal sollten sich zur Begleitung freiwillig melden. Seine Mutter meldete sich, Hartog und Ruth nicht, wurden dann aber bestimmt.

 

Statt der versprochenen Arbeit im Krankenhaus im Osten wurden Hartog, Ruth und seine Mutter in Auschwitz ermordet. Sein Vater wurde bereits am 23.10.1941 im KZ Mauthausen umgebracht.

 

Hartog Blok starb am 25.1.1943 mit 18 Jahren.

 

Quellen: Joods Monument; Yad Vashem; geni.com


Elise Blumenthal, geb. Weil

 

Elise Weil wurde am 27.1.1891 in Hoppstaedten-Weiersbach bei Koblenz geboren. Sie war verheiratet mit Isidor Blumenthal, geboren am 12.11.1887 in Hemer bei Arnsberg, gestorben 19.6.1955 in Hemer. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Sohn Günther Max, geboren am 31.7.1932, und Tochter Hannelore Martha, geboren 1933. Laut Geni soll Elises Mann ebenfalls in Theresienstadt gewesen sein und überlebte. Isidor heiratete erneut. Es fehlen die Informationen, wo und wie die Kinder überlebten.

 

Elise arbeitete zuletzt im Altenheim Oberstotzingen. Usprünglich war das jüdische Altenheim in den aufgegebenen Landschulheimen Herrlingen untergebracht (siehe Paula Essinger). Schnell wurde es durch die Gestapo in ein Zwangsaltersheim verwandelt.

 

Die Situation und Arbeitsbedingungen in dem Heim waren schlimm. Schnell war das Haus überbelegt, die Lebensmittelzuteilungen nicht ausreichend. Privatbesitz der Beschäftigten und Betreuten wurden konfisziert. Dazu kamen Anfeindungen durch die Bevölkerung. Bereits im Dezember 1941 erfolgte eine Deportation. Als Reaktion auf das Untertauchen von vier Pflegekräften wurde eine verbliebene Pflegekraft nach Riga deportiert, von der seither jedes Lebenszeichen fehlt. April 1942 wurden acht Bewohner und zwei Pflegekräfte, die versucht hatten zu flüchten, nach Izbica deportiert. Auch sie blieben verschollen. Als die Stadt Ulm beschloss, in Herrlingen ein städtisches Altenheim einzurichten, mussten Pflegepersonal und 83 Betreute zwangsweise in das Oberstotzinger Schloss umziehen. Das Gebäude befand sich dazumal in einem völlig verwahrlosten desolaten Zustand.

 

Am 22.8.1942 wurden  die verbliebenen 83 Bewohner und das gesamte Personal, unter ihnen die Krankenschwester Elise nach Theresienstadt deportiert. In Theresienstadt hatte Elise vermutlich auch in der Pflege gearbeitet, denn alle Pflegekräfte wurden dort dazu eingesetzt.

 

Elise Blumenthal starb in Theresienstadt durch die verheerenden Bedingungen am 17.5.1944.

 

Quellen: Yad Vashem; Gedenkbuch Bundesarchiv; Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich; Alemannia Judaica; Geni


 

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