Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Dorchen Cohn

 

Dorchen Cohn wurde am 21.6.1912 geboren und war Krankenschwester. Sie wurde von der japanischen Polizei als deutscher Flüchtling in Shanghai registriert zusammen mit Willy Cohn, geboren am 31.8.1899. Dorchen und Willy trafen am 6.6.1940 in Shanghai ein und waren vermutlich ein Ehepaar. Genaue Informationen zu ihnen sind bisher nicht auffindbar.

 

1940 bestanden kaum noch Möglichkeiten, ein Visum zu erhalten, um in andere Länder zu emigrieren. Für Shanghai brauchte man kein Visum, weshalb viele jüdische Mitbürger in ihrer Verzweiflung dorthin flüchteten.

 

Die Lebensbedingungen in Shanghai waren grauenhaft. Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass jeder vierte Emigrant in Shanghai durch die dortigen Verhältnisse starb.  

 

Ob Dorchen und Willy Cohn das Exil überlebten, ist nicht bekannt.

 

Quelle: https://www.chinafamilies.net/wp-content/uploads/2021/07/List-of-German-refugees-arrived-in-Shanghai.pdf


 

Dorothea Cohn, geb. Meth

 

Dorothea Meth, genannt Thea, wurde am 17.11.1904 in Schwäbisch Gmünd geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Alfred und Flora Meth, geborene Appel. Dorothea wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf und hatte drei Geschwister. In Hamburg absolvierte sie die Ausbildung zur Fürsorgerin.

 

1934 machte Dorothea Urlaub am Bodensee und verliebte sich in einen Mann. Die Beziehung war zum Scheitern verurteilt. Sie war Jüdin, er nicht und es stellte sich irgendwann heraus, dass er der SA angehörte. Die Liebesbeziehung blieb nicht ohne Folgen. Angesichts der Nürnberger Rassengesetze verriet sie nie den Namen des Kindesvaters.

 

Mit Hilfe ihrer Schwester ging sie nach Den Haag und brachte dort am 12.4.1935 ihren Sohn Ernst-Otto zur Welt. Nach drei Monaten kehrte sie nach Deutschland zu Freunden zurück. Nach einer Weile kam sie wieder in schriftlichen Kontakt mit ihrer Mutter. Ihr Vater hatte große Probleme mit der Situation. Doch Dorothea stand auf eigenen Füßen und war imstande, sich und ihren Sohn alleine durchzubringen.

 

Sie begann, in einem Kinderheim in Herrlingen bei Ulm zu arbeiten.

Dort lernte sie den Rabbiner Dr. Julius Cohn kennen. Seine Frau Herta hatte Krebs und wurde schließlich ein Pflegefall. Schließlich gab Dorothea ihre Anstellung im Kinderheim auf und übernahm den Haushalt und die Pflege der Frau. Der Rabbiner war begeistert von Dorotheas lebhaften Sohn und schloss ihn sofort in sein Herz. Er wurde in dieser traurigen Zeit für den Mann eine Stütze und für den Kleinen ein Ersatzvater. Im Februar 1938 starb Herta Cohn. Nach Hertas Tod nahm Dorothea wieder ihre Arbeit in dem Kinderheim auf.    

  

Dann kamen die Novemberpogrome. Dorothea wurde Augenzeugin schwerer Übergriffe und musste zusehen, wie Nazischergen jüdische Männer öffentlich misshandelten. Der Rabbiner war Hauptziel der Aggressionen und es kostete ihm fast das Leben. Als Julius Cohn aus dem Krankenhaus kam, zog Dorothea wieder zu ihm und pflegte ihn. Dann bekam er das Angebot, in eine jüdische Gemeinde in Edinburgh zu ziehen. Damit er Dorothea und Ernst-Otto mitnehmen konnte, heirateten sie 1939 kurzentschlossen und er adoptierte das Kind. Doch zunächst fehlten für sie und den Sohn erforderliche Papiere. So zog erstmal Julius Cohn alleine nach Schottland und wollte die Beiden so schnell wie möglich nachholen. Doch er erholte sich nicht mehr von den Misshandlungen der Pogromnacht und verstarb kurz nach seiner Auswanderung.

 

Dorothea begann, in dem jüdischen Altersheim zu arbeiten, obwohl sie in das Kinderheim hätte zurückkehren können. Das Altersheim war aufgrund Personalmangels in einer verzweifelten Situation. Dann schaffte sie es, den vierjährigen Ernst-Otto in einen Kindertransport am 26.6.1939 von Ulm nach England unterzubringen. Wenig später brach der II. Weltkrieg aus und Dorothea saß endgültig in der Falle.

 

Sie arbeitete weiter in der Altenpflege, übernahm schließlich auch ab 1940 die Leitung des Heimes. Am 22.8.1942 wurden Beschäftigte und Betreute des Altenheimes mit dem Transport XIII/1 von Stuttgart nach Theresienstadt deportiert. Auch in Theresienstadt arbeitete sie in der Pflege.

 

Am 19.10.1944 wurde Dorothea Cohn nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Ihre Mutter starb bei einer Deportation in Frankreich, ihr Vater überlebte den Naziterror. Einst war sein Enkel für ihn Stein des Anstoßes, nun kümmerte er sich um Ernst-Otto, sodass dieser studieren konnte.

 

Quellen: The nearly man (Otto Meth-Cohn, ISBN-10: 151870168X, ISBN-13: 978-1518701689); Herta Anguli (Bild); Yad Vashem, Bundesarchiv Gedenkbuch; Stolpersteine Ulm


 
Ruth Cohn
 

Ruth Cohn war Krankenschwester im jüdischen Krankenhaus Breslau. In der NS-Zeit verlor sich ihre Spur.

 

Im Ghetto Theresienstadt gab es eine Krankenschwester gleichen Namens, die im Revier arbeitete. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob die Personen identisch waren.

 

Denn es gab noch eine Krankenschwester gleichen Namens aus Frankfurt am Main und Berlin. Sie soll aber in der Altenhilfe gearbeitet haben, wobei nicht klar ist, ob in einem Altenheim oder Privatpflege.

 

In Berlin soll es auch eine Ruth Cohn gegeben haben, die aber Krankenschwester, Kinderkrankenschwester oder Kinderpflegerin war.

 

Ob es sich um ein, zwei, drei oder vier Pflegekräfte handelte, kann erst festgestellt werden, wenn genauere Daten gefunden wurden.

 

Quelle für Ruth Cohn aus Breslau: Karsten Deventer und Otto Langels: Zeugnisse für eine spätere Generation - Die Aufzeichnungen des Breslauer Historikers Willy Cohn 1933-41 (Deutschlandradio Kultur 31.1.07)
 
 
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