Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Ena Andry, geb. Ferwerda

 

Ena Ferwerda wurde am 10.7.1906 geboren und stammte aus New York aus einer gutsituierten Familie. Ihre Eltern waren Floris Thomas Ferwerda und May Ferwerda, ihre Stiefmutter Marie W Ferwerda. Sie hatte eine Schwester und sechs Halbgeschwister. Die Krankenpflegeausbildung machte sie an der Bellevue Nursing School.

 

Die jüdische Krankenschwester der Abraham Lincoln Brigade kam im April 1937 nach Spanien. Sie arbeitete in Murcia. Aus gesundheitlichen Gründen wurde sie am 9.2.1938 nach Hause geschickt. Später heiratete sie den Seemann und Truckfahrer Lester Andry, geboren am 28.2.1911, und ebenfalls ein Veteran der Internationalen Brigaden.

 

1957 bekam sie in Amerika Schwierigkeiten für ihren pflegerischen Einsatz bei den Internationalen Brigaden. Sie wurde von ihrem Arbeitgeber, das Veteranen Hospital in Togus, suspendiert aufgrund ihrer "subversiven" Tätigkeit in Spanien. Nach einigen Monaten wurde ihr eine Anhörung gewährt, bei dem sie ihren Pass zeigte, der mit "gültig für Spanien" gestempelt war. Sie war also nicht illegal in Spanien und hatte kein Reiseverbot. Ena gewann ihren Prozess und musste wieder eingestellt werden mit rückwirkender Lohnzahlung. Soviel Glück mit einer fairen Verhandlung und Gerechtigkeit hatten nicht alle amerikanischen Interbrigadisten. 

 

Ena Andry starb am 16.12.1971.

 

Quelle: Martin Sugarman, AJEX - Jewish Military Museum; American Medical Relief to Spain and China, 1936–1949  ISBN-13: 978-0826221070 ISBN-10: 0; Geni; findagrave.com


 

Fanny Ansbacher

 

Fanny Ansbacher wurde am 11.5.1921 in Würzburg geboren. Ihre Eltern hießen Simon und Selma Ansbacher. Sie hatte drei Geschwister, ihren älteren Bruder Jona oder Jonas, geboren 1920, und zwei jüngere Geschwister. Ihre Schwester Rebekka wurde 1922 geboren, der jüngere Bruder Nathan 1925. Die Familie wohnte in der Würzburger Altstadt in der Sterngasse.

 

Fanny besuchte nach der jüdischen Volksschule die Israelitische Lehrerbildungsanstalt in Würzburg und war Mitglied im jüdischen Kulturbund. Ab 1937 bereitete sie sich auf die Auswanderung nach Palästina vor und machte deshalb eine landwirtschaftliche Ausbildung in Hamburg und Halberstadt in Sachsen-Anhalt mit.

 

Die Auswanderung gelang nicht und so absolvierte sie von Mai 1940 bis Februar 1941 eine Ausbildung als Krankenschwester am Rothschild-Hospital in Frankfurt am Main. Vielleicht hatte sie gehofft, als Krankenschwester ihre Chancen für eine Auswanderung verbessern zu können. Doch sie musste anschließend in Berlin Zwangsarbeit in den Siemens-Werken verrichten.

 

Am 3.3.1943 wurde sie in das KZ Auschwitz deportiert, wo sie im Revier als Krankenpflegerin arbeitete. Dort steckte sie sich mit Typhus an. Mangels medizinischer Versorgung starb Fanny Ansbacher noch 1943 in diesem KZ.

 

Quellen: Reiner Strätz, Dr. Hans-Peter Baum und Stadtarchiv Würzburg; Stolpersteine Würzburg


 

Halina "Korab" Antonowicz, geb. Brzozowska

 

Halina Brzozowska wurde am 4.3.1899 in Marszensk geboren. Ihre Eltern waren Wladyslaw und Aleksandra Brzozowska. Nach ihrer Schulzeit bis 1918 lebte sie in Vilnius und St. Petersburg zu Studien, arbeitete auch im Büro. In Vilnius hatte sie bereits einen Sanitätskurs abgelegt und in der Pflege gearbeitet.

 

1918 kehrte sie nach Polen zurück. Halina nahm bereits am polnisch-sowjetischen Krieg 1919/1920 als Sanitäterin teil. 1921 wurde in Warschau die erste Krankenpflegeschule eröffnet. Sie begann dort ihre Ausbildung zur Krankenschwester und gehörte zu den ersten Absolventinnen der Warszawskiej Szkoly Pielegniarstwa.

 

Bereits vor dem Ausbruch des II. Weltkrieges kümmerte sie sich um den Aufbau von Rettungsdiensten. 1929 wurde sie mit der Medaille des X-Jahrestages der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Polens geehrt, 1938 mit der Bronzemedaille "Für den langfristigen Dienst".

 

Bei Kriegsausbruch trat sie der Armia Krajowa bei. Sie engagierte sich im Rat und war beteiligt an der Ausstellung fiktiver Personalausweise. 1940 wurde sie von der Gestapo verhaftet. Sie wurde im Pawiaku inhaftiert, ein berüchtigtes Gefängnis für politische Häftlinge im Zentrum von Warschau. Trotz brutaler Verhöre und Folterungen blieb sie standhaft und verriet niemanden.

 

1943 bis 1945 nahm sie eine jüdische Frau auf und tarnte sie als Babysitterin, um sie vor einer Deportation zu schützen. Am Warschauer Aufstand nahm Halina Antonowicz aktiv teil. Es gelang ihr, nach der Kapitulation mit Zivilisten Warschau zu verlassen.

 

Nach dem Krieg arbeitete sie zunächst als Krankenschwester im 3. Gesundheitszentrum, der Fakultät für Sozialmedizin, im Gesundheits- und Sozialzentrum. Die regierenden Kommunisten in Polen verleumdeten und bekämpften die Armia Krajowa.  Ein Opfer dieser Politik war Halina Antonowicz. Sie wurde aufgrund ihrer Vergangenheit professionell degradiert und musste 26 Jahre lang bis zum Ruhestand als Laborantin arbeiten. Halina Antonowicz starb am 5.8.1986.

 

Quelle: Encyklopedia Medyków Powstania Warszawskiego; Wikipedia.pl; Muzeum Powstania Warszawskiego; VIA MEDICA


 

Schwester Felixina - Margarete Armbruster

 

Die Ordensschwester Margarete Armbruster, geboren am 27.12.1914 in Kaltbrunn bei Wolfach im Schwarzwald, arbeitete nach der Ausbildung in Karlsruhe als Krankenschwester. Am 12.10.1936 trat sie der Ordensgemeinschaft "Schwestern vom göttlichen Erlöser" bei. Ihr Ordensprofess war am 19.3.1938. Sie verfasste später einen Bericht über ihre Leidenszeit unter dem NS-Regime:

 

Auf den 10. August 1943 erhielt ich von der Gestapo Karisruhe eine Vorladung. Veranlassung dazu gab eine scherzhafte Bemerkung, die ich ein Vierteljahr zuvor getan hatte. Zwei Frauen sprachen mir gegenüber die Befürchtung aus, die Russen könnten in unser Land kommen. Vor diesen hatten sie furchtbare Angst. Ohne lange zu überlegen, sagte ich zu ihrer Beruhigung wörtlich: „Vor den Russen braucht ihr überhaupt keine Angst zu haben! Baden wird französisch."

 

Ein Gestapobeamter begleitete mich zum Hause der Gestapo. Dort wurde ich verhört. Ich gab ohne weiteres zu, die mir zu Last gelegte Äußerung wirklich getan zu haben, fügte auch bei, in welchem Sinne sie gemeint gewesen sei. Bei der Gelegenheit suchte mir der Gestapobeamte das Geständnis zu erpressen, ich hätte meine Äußerung am Auslandssender gehört, und zwar in der Wohnung der Kapuzinerpatres, in deren Händen die Pfarrseeisorge lag. Die Bemühungen des Beamten blieben erfolglos.

 

Tags darauf erfolgte das zweite und zugleich das letzte Verhör. Hernach mußte ich das Ordensgewand ablegen und es mit dem Sträflingsanzug vertauschen. Zunächst kam ich sechs Wochen in Einzelhaft. Was bedeuten sonst im Leben sechs Wochen? Jetzt erschienen sie mir wie eine halbe Ewigkeit. Mit jedem Tag mehr überfiel mich das Gefühl der Vereinsamung und des Verlassenseins. Ich begann die klösterliche Gemeinschaft zu schätzen wie nie zuvor. Wie froh wäre ich um den Besuch einer meiner Mitschwestern gewesen! Doch war ein solcher streng untersagt. Auch die Teilnahme am Gefangenenpottesdienst und jeder Sakramentenempfang waren verboten . . .

 

Nur die nächsten Angehörigen wurden zugelassen. So stand mein leiblicher Bruder schon am dritten Tag vor meiner Zelle. U.a. erinnerte er mich an ein Wort, das unsere Mutter zu Hause uns auf die Seele band: „Wenn unser Herrgott ein Kreuz auflegt, legt er gleich seine Hand darunter, daß es nicht zu schwer wird." Wie viel Mut und Kraft gab mir doch dieses Wort für meine noch in völligem Dunkel liegende nächsteZukunft!... Mehr und mehr drang der Gestapobeamte in mich, ich möchte aus dem Ordensstand austreten und zu den NS (= nationalsozialistischen) Schwestern übergehen. In diesem Fall würde ich sofort aus der Haft entlassen. Andernfalls aber stünde mir das Konzentrationslager bevor!... Doch wies ich jeden Gedanken, meiner heiligen Gelübden untreu zu werden, weit, weit von mir.

 

Sechzehn Wochen dauerte die Untersuchungshaft. Am 14. September erfuhr ich durch meine Schwester, ich käme tatsächlich in ein Konzentrationslager ( = KZ). An diesem und dem darauffolgenden Tage, auf den das Fest der Sieben Schmerzen Mariens fiel, kämpfte ich geradezu einen Todeskampf. Ich ahnte, was alles mir bevorstand. Nach längerem seelischen Ringen legte ich mein Leben voll und ganz in Gottes Hand und fand nach und nach die innere Ruhe wieder.

 

Am 16. November wurde ich zusammen mit anderen Häftlingen von Karlsruhe weggeführt und von einem Gefängnis in das andere weitergeschoben. Dabei litten wir schweren Hunger, so daß wir glaubten, zusammenzubrechen, bevor das für uns bestimmte Reiseziel erreicht würde... Noch in trauriger Erinnerung steht mir der Bahnsteig in Frankfurt, über den wir unter Führung und Bewachung von SS-Leuten wie eine Viehherde geführt wurden. Zahlreiche, aus der anderen Richtung kommende Passanten mußten stehenbleiben und ungewollt Spalier bilden. Mein Gott! War das ein beschämender Bußgang: Unter der Menschenmenge stand auch eine Niederbronner Schwester. Das war für mich wie ein Stich ins Herz. „Wenn du wüßtest", dachte ich „daß unter diesen ,Verbrechern' auch eine Mitschwester aus der Congregation, der du selber angehörst, läuft! " Weiter ging die Reise über Erfurt bis nach Leipzig und von da bis in die Nähe Berlins. Wegen großer Fliegerangriffe wurde der „Transport" auf Umwegen wieder nach Leipzig zurückgeleitet. Erst am 30. November kamen wir in Ravensbrück an.

 

Ravensbrück war zuerst ein großes allgemeines KZ-Frauenlager mit 30000 bis 35000 Häftlingen. Seit November 1944 war es nur noch Kranken- und Vernichtungslager. Wie die laufenden Nummern erwiesen, sind 108000 „Sträflinge" durch dieses Lager gegangen. Zwei Krematorien brannten Tag und Nacht. Oft reichten sie nicht aus; dann wurden die Leichen auf Lastwagen verladen, in einem Wald auf Haufen geschichtet, mit leicht entzündlichen Stoffen übergossen und verbrannt. Im April 1945, also unmitteibar nach Kriegsende, wurden durch ein internationales Komitee aus dem nahegelegenen Männerlager für Ausländer 12000 Juden angefordert. Es waren keine 200 mehr davon am Leben. Das gibt einen Einblick in das Vernichtungssystem. Kein Wunder, daß manche Häftlinge freiwillig den Tod an dem mit Starkstrom geladenen Stacheldraht suchten.

 

Traf ein Transport im Lager ein, so mußten alle Ankömmlinge, an manchen Tagen zweitausend an der Zahl, Männer, Frauen und Kinder, vollständig entkleidet zur Untersuchung an den Ärzten vorbeimarschieren. Diese Untersuchungen waren, wie auch die ständigen stundenlangen Appelle, der Schrecken des Lagerlebens. Im Sommer mußten die Häftlinge um 3, im Winter um 4 Uhr aufstehen. Und dann ging es „zum Appell mit Strammstehen! " Jeder Block hatte eine bestimmte Anzahl von Insassen. Und genau so viele mußten beim Appell gezählt werden können. Eher war der Appell nicht beendet. Auf alle Fälle dauerte er so lange, bis das Anbrechen des Tageslichts den Ausmarsch zur Arbeit möglich machte. War einmal ein Häftling bei der Außenarbeit davongegangen oder entflohen, so mußten alle Häftlinge dafür büßen und selbst bei der größten Hitze oder grimmigsten Kälte stundenlang strammstehen. Bald gab es kaum noch einen Häftling, der sich dabei nicht ein Blasen- oder Nierenleiden, oder eine Darmerkrankung zugezogen hatte. Ein Austreten aus Reih und Glied gab es bei „Strafstehen" nicht . . . Geradezu eine teuflische Erfindung waren die sogenannten Strafbunker. Sie waren nur so hoch, daß ein Mensch darin aufrecht stehen konnte. Dem Eingeschlossenen starrten von allen Seiten spitze Nägel entgegen. Bei der geringsten Bewegung drangen sie ihm ins Fleisch. Selbst wer noch lebend aus einem solchen Bunker herauskam, hatte sich für sein ganzes Leben einen unheilbaren Schaden geholt. Eine besondere Klasse von Internierten bildeten die NN („Nacht und Nebel-“) Häftlinge. Sie durften ihren Angehörigen nicht schreiben, erhielten aber auch selbst keinerlei Nachricht von Verwandten und Bekannten . . .

 

Neben den SS-Leuten zählte das Lager über 2000 Aufseherinnen. Von ihnen wurden die Sträflinge nur mit den häßlichsten und gemeinsten Schimpfworten angeredet. Eine einzige NS-Schwester hatte sich ihr menschliches Empfinden bewahrt. Eines Tages wurde sie strafversetzt. Ich selbst hatte zuerst drei Wochen lang schweren Außendienst. Er bestand hauptsächlich in Kohlen- und Sandschippen. Dann wurde ich als ehemalige Krankenpflegeschwester dem Revier zugeteilt. Das war mein Glück. Sonst würde ich wohl nicht mehr leben.

 

Längere Zeit war ich nun im Wöchnerinnensaal tätig. Da konnte ich auch ein wenig seelsorglich wirken. Mehr als 500 Kindern konnte ich mit Hilfe einer katholischen Hebamme die hl. Taufe spenden. Oh, wenn die SS das erfahren oder auch nur geahnt hätte!... Die Taufen wurden heimlich vorgenommen. Nur einmal, als lauter zuverlässige Leute im Saal waren, habe ich fünf Kinder frei und offen getauft. Zuvor haben wir ein Adventskränzchen gewunden und ein Adventslied gesungen.

 

Einmal habe ich, weil sonst niemand zur Stelle war, einer Mutter bei der Geburt eines Kindes Dienste geleistet. Sichtlich habe ich mich gefreut, daß ich dieser Mutter und dem Kinde wenigstens für den Augenblick das Leben habe retten können. Die Mutter meinte denn auch: „Schwester, das Kind muß Ihren Namen haben, weil Sie sich so mitfreuen!" Freilich teilte Margaretchen—auf diesen Namen hatte ich es getauft — bald das Los der meisten Kinder, die sterben mußten, weil ihre Mütter, die selbst schon ausgehungert waren, ihnen nicht die naturgemäße Nahrung spenden konnten. Noch höre ich die Mutter sagen: „Schwester, schau, mein Kind ist krank! " Und noch sehe ich heiße Muttertränen über das Gesichtchen des todgeweihten Kindes fließen...

 

Ein trauriges Kapitel im Lagerleben bilden die „ärztlichen" Versuche von seiten der Lagerärzte. Die Häftlinge mußten als Versuchsobjekte herhalten. Die Experimente, wodurch die persönliche Menschenwürde vollends entwertet wurde, spotten jeder Beschreibung. Im letzten Halbjahr meiner Haft war ich unfreiwilliger Zeuge all dieser Schändlichkeiten. Zunächst kamen Idioten an die Reihe und solche, die im KZ nach und nach ihren Verstand verloren hatten.

Aber auch vor Gesunden mit normalem Geistesleben wurde nicht haltgemacht.

 

Es hatte ja im Lager Evakuierte aus Warschau, die nicht die geringste strafwürdige Handlung begangen hatten, dann auch Kinder aus einem großen Waisenhaus . . . Viele junge Menschen, vor allem Polinnen, wurden zu Krüppeln operiert. Lediglich zu Versuchszwecken wurden bei ihnen Knochen, Gelenke oder Glieder abgetragen. Nieren-, Herz- und Asthmakranken wurden einzelne Organe herausoperiert und anderen Kranken eingesetzt (sog. Kreuzung).

 

Zahlreich waren die Sterilisationsversuche. Und welche Methoden wurden dabei angewandt. Z. B. wurden in die weiblichen Organe Einspritzungen gemacht. Mit welchem Präparat konnte ich nicht erfahren. Es muß sich um eine stark ätzende Säure gehandelt haben; denn die Operierten hatten danach so furchtbare Schmerzen auszustehen, daß sie vielfach ohnmächtig wurden und dahinstarben.

 

Ein schmerzlinderndes Mittel wurde nicht verabreicht. Nur einmal gelang es einer vornehmen Norwegerin, von einer NS-Schwester Tabletten zu erbetteln und sie unter den Ärmsten zu verteilen... Die genannten Versuche wurden selbst an zehn- und zwölfjährigen Mädchen vorgenommen. Da sie nicht gelangen, wurden diese Mädchen operativ sterilisiert.

 

Da, am 28. April, wurde bekanntgegeben: „Das Lager wird in die Luft gesprengt. Alles, was laufen kann, raus! . .. Wir führen euch zu den Amerikanern hinüber, damit ihr den Russen nicht in die Hände fallt!"... Ich selbst blieb freiwillig bei meinen Kranken zurück. Und das war — wie sich bald herausstellte — meine Rettung. Die Frauen, gegen 16000 an der Zahl, wurden nämlich von den SS-Leuten mit vorgehaltenen Schußwaffen aus dem Block herausgetrieben oder durch Hunde hinausgejagt. Sie wurden aber nicht, wie es ihnen versprochen war, zu den Amerikanern hinübergeführt, sondern wurden zwischen den feindlichen Fronten ihrem Schicksal überlassen. Die mußten gleichsam als Schutzwall herhalten, hinter dem die SS-Leute vor dem feindlichen Feuer Deckung zu finden suchten...

 

Das Lager zählte zuletzt noch 2000 kranke Häftlinge. Zwei Tage waren sie ohne Bewachung, auch ohne Licht und ohne Wasser. Am 30. April erschienen die Russen im Lager. Ich muß gestehen: sie waren durchweg gut gegen uns. Sofort sorgten sie für bessere hygienische Verhältnisse. Bisher waren die Baracken vollgepfropft mit Menschen; die Betten standen dreistöckig übereinander; mehrere Häftlinge zusammen mußten sich bisher mit einem Strohsack begnügen. Das änderte sich jetzt.

 

Nun durften wir an den weißgedeckten Tischen sitzen, wo bisher die SS getafelt hat-te. Das Essen war bedeutend besser als zuvor. Es waren genügend Vorräte da . . .

 

Ich wurde dem russischen Kommandanten vorgestellt. Dabei wurde hervorgehoben, ich hätte mich aller Kranken angenommen ohne Unterschied der Nationalität. — Als ob das für eine Barmherzige Schwester nicht selbstverständlich wäre! . . . Eine Ärztin aus den östlichen Randgebieten, mit der ich längere Zeit.zusammengearbeitet hatte, drang in diesen Tagen wiederholt in mich, ich solle doch mit in ihre Heimat gehen. Dort würde sie weiter für mich sorgen. Ich sollte es bestimmt schön haben. In ähnlicher Weise wurde ich später von Franzosen eingeladen, mit hinüber nach Frankreich zu kommen. Doch dankend wies ich ein solches Ansinnen zurück. War es doch mein einziger heißer Wunsch, baldmöglichst in meine eigene badische Heimat und in mein Mutterhaus zurückkehren zu können.

 

Nun hoffe ich und freue mich darauf, von meinen Obern bald eine Arbeit übertragen zu bekommen, die mich ganz ausfüllt. Über die Erlebnisse der zwei vergangenen Jahre möchte ich am liebsten nicht gefragt werden. Denn sobald eine Frage danach gestellt wird, wird alles wieder in mir wach. Es war zu furchtbar, als daß ich es so rasch und so leicht vergessen könnte! Über all den Bitterkeiten aber, die ich verkosten mußte, will ich nicht übersehen und dankbar anerkennen, daß diese schwerste Zeit meines bisherigen Lebens doch wieder eine Zeit außerordentlicher Gnaden war. Kommt es nicht schon einem Gnadenwunder gleich, daß ich allen Erlebnissen zum Trotz dem Ordensstand und meiner Congregation keine Schande bereitete, sondern ihnen treu bleiben durfte? . . . Das eine habe ich gelernt: mag die Zukunft bringen, was sie will, ich werde mich durch nichts so leicht erschüttern lassen. Auch weiterhin werde ich Tag für Tag mit froher Zuversicht sprechen: „Auf Dich, o Herr, vertraue ich. Ich werde in Ewigkeit nicht zuschanden werden!“

 

Margarete Armbruster pflegte noch bis zum Juni 1945 im KZ die kranken Überlebenden. Schwester Felixina starb am 11.9.1995 in Forbach-Bermersbach im Murgtal und wurde am 19.9.1995 in Baden-Baden im Grab der Niederbronner Schwestern beigesetzt.

 

Quellen: Sr. Annette Plechinger, Kongregation der Schwestern vom Göttlichen Erlöser 


 

Rudolf Arndt

 

Rudolf Arndt, genannt Rudi, wurde am 26.4.1909 in Berlin geboren. Der gelernte Schriftsetzer schloss sich der linksorientierten jüdischen Widerstandsgruppe "Schwarzer Haufen" an, später auch der Roten Jungfront und dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands. Bereits 1931 wurde er das erste Mal aufgrund seiner politischen Aktivitäten verhaftet.

 

1933 kam es zur erneuten Verhaftung. Nach drei Jahren Zuchthaus wurde er in das KZ Sachsenhausen, dann Dachau und schließlich Buchenwald überstellt. Als einer der wenigen Berufsfremden arbeitete er im dortigen Judenrevier. Unter seiner Leitung wurde das Judenrevier ausgebaut, neu organisiert und dadurch eine wirkungsvolle Pflege ermöglicht. Am 3.5.1940 wurde er im KZ Buchenwald ermordet.

 

Trotz des braunen Überwachungsstaates wagten es im Mai 1940 etwa 70 Personen, sich auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee zu treffen, um an den kommunistischen Jugendfunktionär zu gedenken. Auch Mitglieder der Herbert-Baum-Gruppe waren an der illegalen Gedenkfeier beteiligt.

 

Quelle: prenzlauerberg-kiez.de: http://www.jurkun.de/strassen/rudolfschwarz.htm


 

Herta "Chedva" Aron, geb. Müller

 

Hertha wurde am 26.9.1927 in Wien als Tochter von Moses Markus (Moshe) Müller, geboren am 7.5.1895 in Buszasz in Polen, und Kreindel, geborene Schmid am 5.7.1903 in Stanislau, ebenfalls Polen, geboren. Die Familie wohnte in Wien. Der Vater war dort Geschäftsführer einer Ledergroßwarenhandlung.

 

Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland 1938 war die Familie sofort starken Repressalien ausgesetzt. Sie musste umgehend ihre Wohnung verlassen und durfte nichts mitnehmen. Der Vater wurde gezwungen, die Straße vor dem Wohnhaus zu putzen.

 

Er konnte später nach Antwerpen flüchten. Hertha und ihre Mutter folgten ihm 1939 durch eine abenteuerliche Flucht zu Fuß durch die Wälder.

 

1940 schickten die Eltern die dreizehnjährige Hertha mit einem Kindertransport alleine nach Tel-Aviv, wo Verwandte wohnten. Für das Mädchen war diese Reise hart, aber es war eine Fahrt in die Sicherheit.

 

Die Eltern flüchteten weiter nach Frankreich. Der Vater wurde gefasst und in das Camp de Gurs verschleppt. Camp de Gurs war ein französisches Internierungslager, dass von der Vichy-Regierung im Auftrag der Nazis betrieben wurde und wo entsetzliche Zustände herrschten. Camp de Gurs wurde auch der „Vorhof zur Hölle“ genannt. Internierte wie Herthas Vater, die das Lager überlebten, wurden nach Auschwitz deportiert und ermordet.

 

Ihre Mutter konnte entkommen und rettete sich nach Limoges in Frankreich, wo sie untertauchen konnte. 1950 sah Hertha endlich ihre Mutter in Israel wieder.

 

Eigentlich wollte Hertha Medizin studieren. Durch die Lebensumstände konnte sie jedoch kein Abitur machen. So erlernte sie den Beruf der Krankenschwester.

 

1952 heiratete sie Joseph Rahael Aron, geboren am 13.5.1914 in Frankfurt am Main. Das Ehepaar bekam 1952 und 1962 einen Sohn. Für ihren Mann war es die zweite Ehe, aus der er bereits zwei Kinder hatte. Er vertrug in Israel nicht das Klima und kränkelte. Deshalb wollte er wieder nach Deutschland zurückkehren. Das Ehepaar zog in seine ehemalige Heimatstadt. Hertha arbeitete von 1962 bis 1982 in an der Universitätsklinik in Frankfurt am Main.

 

Am 23.4.1978 verstarb ihr Mann an einem Herzinfarkt. Hertha Aron verstarb am 9.1.2008 in Frankfurt am Main.

 

Quellen: Letter to the Stars Dominik Heschl, Daniel Gapp, Stefan Gugl, Daniel Pfurtscheller, BHAK Innsbruck; Geni


 

Sara Aronius

 

Sara Aronius wurde am 17.3.1921 in Zwartsluis geboren. Am 7.8.1939 begann sie in „Het Apeldoornse Bos“ als Krankenpflegeschülerin zu arbeiten und blieb dort nach der Ausbildung. Sie war die Tochter von Wolf Aronius, geboren am 10.8.1894 in Zwartsluis, und Carolina Aronius-Potsdammer, geboren am 2.3.1893 in Steenwijk. Sarah hatte einen jüngeren Bruder, Aron, geboren am 30.4.1923. Ihr Bruder kam bereits am 17. 8.1942 in ein Arbeitslager. Von dort wurde er nach Auschwitz deportiert und am 30.9.1942 ermordet.

 

Sara und ihre Eltern wurden nach Westerbork verschleppt und am 5.10.1942 nach Auschwitz deportiert. Auf dem Weg in das KZ hielt der Zug in Kosel, circa 80 km vor Auschwitz, und alle Männer und älteren Jungen mussten den Zug verlassen. Der Vater wurde von der Familie getrennt und kam in ein Arbeitslager der Stahlfabrik in Malapane. Dort starb er am 20.12.1942 und wurde in einem Massengrab von Zwangsarbeitern verscharrt.

 

Mutter und Tochter kamen am 7.10.1942 in Auschwitz an und wurden am 8.10.1942 vergast. Sara Aronius wurde 21 Jahre alt.

 

Quelle: Joods Monument


 

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