Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Anna Lopes de Leao

 

Anna Lopes de Leao wurde am 5.8.1895 in Amsterdam geboren. Die Krankenschwester war in erster Ehe mit einem Herrn Geleerd verheiratet. Die Ehe wurde geschieden. In zweiter Ehe war sie mit Markus Birnbaum verheiratet. Sie befand sich unter der Nummer 325 als sogenannte Staatenlose im IX. Deportationszug, der das SS-Sammellager Mechelen am 12.9.1942 verließ. Es muss davon ausgegangen werden, dass sie nach ihrer Ankunft im KZ Auschwitz-Birkenau sofort ermordet wurde, da dort keine Registrierung erfolgte.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Stefan Lorint

 

Stefan Lorint erblickte am 22.10.1901 das Licht der Welt. Er war rumänischer Staatsangehöriger. Als "ehemaliger Fremdenlegionär" wurde der Krankenwärter am 19.1.1943 von der Gestapo Wien erkennungsdienstlich erfasst. Weitere Informationen zu ihm fehlen.

 

Quelle: DÖW


Elisabeth Lueneberger, geb. Hofmann

 

Elisabeth Hofmann wurde am 8.9.1909 in Bisenach geboren. Sie war mit Philip Lueneberger verheiratet. In Belgien wurde die Krankenschwester als staatenlos erklärt. Mit dem II. Transport wurde sie am 11.8.1942 unter der Nummer 566 vom SS-Sammellager Mechelen nach Auschwitz deportiert. Dort wurde sie unter der Nummer 001944 registriert. Die Krankenschwester wurde in Auschwitz-Birkenau ermordet. Ihr Name ist in den Sterbebüchern Auschwitz verzeichnet.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Elsa Lüthi, geborene Ruth

 

Elsa Ruth wurde am 20.3.1909 in St. Gallen geboren. Ihre Eltern waren Johann Paul Ruth und Hedwig (Hedy) Fanny Ruth, geborene Schmidhein. Elsa hatte noch drei Geschwister. Mit fünf Jahren kam sie in einen Kindergarten in Genf. Dort lernte sie schnell Französisch. Die Familie zog noch häufiger um.

 

Zunächst schloss Elsa eine Handelsschule ab und arbeitete anschließend als Hotelsekretärin, dann als Fremdsprachenkorrespondentin für Deutsch, Französisch und Englisch. Um 1930 spürte sie den Wunsch, statt einer Bürotätigkeit lieber mit Menschen arbeiten zu wollen. So absolvierte sie eine Krankenpflegeausbildung von 1931 bis 1934 und ließ sich noch zur Operations- und Narkoseschwester weiterbilden.

Von 1935 bis 1937 arbeitete sie als Krankenschwester in Neapel in Italien im Schweizer "Ospedale Internazionale" mit schwerkranken Kindern, die nur eine geringe Überlebenschance hatten, als Operations- und Narkoseschwester und auch als Oberschwester.

 

1937 reiste sie als Schiffskrankenschwester nach Australien. Ihre Reiselust, unterschiedlichen Tätigkeiten in der Pflege und Fremdsprachenkenntnisse sollten bald von großem Nutzen sein. 1939, als die Schweiz mobil machte, meldete sie sich mit Elsbeth Kasser zum Frauenhilfsdienst (FHD). Sie begleiteten zusammen mehrmals Züge mit verwundeten alliierten Soldaten zum Gefangenenaustausch.

Vorübergehend arbeitete Elsa auch beim Militär. Gleichzeitig verfolgte sie das Geschehen in den Nachbarländern. Schließlich meldete sie sich 1940 bei der „Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder" (SAK). Auch ihre Freundin Elsbeth Kasser arbeitete inzwischen für diese Organisation.

Zuerst arbeiteten beide in der Maternité Suisse in Elne (siehe auch Elisabeth Eidenbenz). Die SAK nahm dort schwangere Frauen, überwiegend Spanierinnen und Jüdinnen aus Internierungslagern zur Entbindung auf und pflegten unterernährte Kinder.

 

Elsa leitete dann von September 1940 bis Juni 1941 eine Einrichtung der SAK in Auch im Département Gers. Hier gab es eine Säuglingsabteilung und unterernährte Kinder wurden aufgepäppelt. Ab Juli 1941 arbeitete sie dann im französischen Internierungslager in Rivesaltes, wo sie auch mit Emma Ott und Friedel Bohny-Reiter zusammenarbeitete. Sie schuf im Lager die „Schweizer Baracke", in erster Linie einen Zufluchtsort für die Kinder. Dort erhielten sie Zusatznahrung, wurden gesund gepflegt, aber auch Erwachsene fanden dort Hilfe.

 

1942 übernahm die SAK das Schweizer Rote Kreuz (SRK). Das Personal wurde angewiesen, sich strikt neutral zu verhalten. Das tangierte die Pflegekräfte nicht weiter. Sie unternahmen alles Menschenmögliche, um die Not zu lindern und schreckten auch nicht davor zurück, Menschen aus den Lagern zu schmuggeln, Kassiber weiterzuleiten, Papiere zu manipulieren, sich notfalls auch mal massiv einzusetzen. So intervenierte Elsa für einen französischen Mitarbeiter bei den Nazis, der eigentlich erschossen werden sollte, um ihn frei zu bekommen.

 

Vieles geschah im Geheimen, doch ab und zu merkte das SRK, besonders wenn es Beschwerden von den Besatzern gab, dass die Krankenschwestern das mit der Neutralität nicht so eng sahen. Dann konnte es auch mal passieren, dass die Pflegekräfte sich vor dem SRK rechtfertigen mussten oder gerügt wurden. Das SRK hätte auch die Möglichkeit gehabt, die Schwestern abzuziehen. Das wollte keine riskieren, denn damit hätten sie die Menschen, die ihnen vertrauten, im Stich gelassen.

 

Im August 1942 wurde Elsa Ruth beauftragt, im Château des Avenières im französischen Cruseilles, Département Haute-Savoie, eine „Station Médicale" mit verschiedenen Häusern für Kleinkinder, Schulkinder und Jugendliche aufzubauen. Im Schloss lebten unterernährte und kränkliche Kinder aus verschiedenen französischen Städten und Internierungslagern. Bis zu ihrem Austritt aus dem SRK im Oktober 1944 leitete sie die „Station Médicale".

 

Eigentlich wollte das SRK Elsa nach Kriegsende mit der Leitung für die gesamte Kinderhilfe in Frankreich betrauen, aber sie lehnte ab. Stattdessen übernahm sie die Leitung des Kinderheimes Beau-Soleil in Gstaad für die „Schweizer Spende". Die „Schweizer Spende" finanzierte ab 1944 humanitäre Hilfstätigkeiten in achtzehn europäischen Ländern inklusive Deutschland. Die Mittel dazu kamen durch eine öffentliche Sammlung des Schweizer Volkes als Ausdruck der Solidarität mit den Opfern des Zweiten Weltkrieges zustande. Im Kinderheim Beau-Soleil wurden kriegsgeschädigte Kinder aus der Tschechoslowakei, Frankreich und Kroatien betreut. Dort lernte sie den Schreinermeister Ernst Lüthi kennen. Am 20.3.1952 heirateten sie.

 

Elsa ging es nun ruhiger an. Sie half ihrem Mann bis zu seinem frühen Tod 1959 in seiner Schreinerei. 1960 übernahm sie die Leitung eines Genesungsheims im Inselspital in Bern. 1967 steckte sie sich mit Tuberkulose an. Ein halbes Jahr benötigte sie zu ihrer Erholung. 1969 ging sie dann in den Ruhestand. 1999 zog sie ins Altersheim Vechingen-Worb.

 

Sie machte nie ein Aufheben um ihren jahrelangen Einsatz für die Menschlichkeit. Ehrungen wies sie zurück mit dem Argument, dass sie ja nur getan hätte, was getan werden musste und dass das ja nichts Besonderes sei. Sie hatte mehr getan. Sie hatte unzähligen Menschen ihre Würde zuückgegeben und in Kinderaugen die verlorene Kindheit zurückgebracht.

 

Am 17.8.2005 schloss Elsa Lüthi, geborene Ruth, für immer die Augen.

 

Quelle: Schweizerisches Rotes Kreuz: Von Rettern und Geretteten; Wikipedia; Unvergessene Geschichten: Zivildienst, Schweizer Kinderhilfe und das Rote Kreuz in Südfrankreich 1941-1945, ISBN 3866282788; ETH Archiv für Zeitgeschichte; „Vergessene Frauen“ ISBN 978-3-7965-2695-4


 

Helga Luther

 

Helga Luther wurde 1923 in Bartenstein in Ostpreußen geboren. Ihr Elternhaus stand den Nationalsozialisten kritisch gegenüber. Mit Billigung des Vaters mied sie die nationalsozialistischen Jugendorganisationen und hielt die Freundschaft zu jüdischen Schulfreundinnen aufrecht.

 

Am 1.5.1938 provozierte die damals Vierzehnjährige die SS. Bei einer öffentlichen Versammlung fuhr sie mit ihrem Fahrrad in Bikini und Jacke gekleidet immer um die Gruppe herum. „Als ich das meinem Vater erzählt habe, sagte er mir, dass ich das gut gemacht habe." Aufgrund ihrer Haltung durfte sie keine höhere Schule besuchen und beendete ihre Schullaufbahn deshalb mit dem Einjährigen, vergleichbar mit einem Realschulabschluss. Die Kunsthochschule blieb ihr verwehrt. Um nicht eventuell in eine Munitionsfabrik oder andere kriegswichtige Beschäftigung dienstverpflichtet zu werden, beschloss sie, Krankenschwester zu werden.

 

Im März 1943 legte sie das Examen bei den Johanniterinnen ab. Sie entging dennoch nicht der Arbeitsverpflichtung der Nazis. Ein Vierteljahr musste sie in einer Wehrmachtsgruppe arbeiten, die Kriegs- und Zivilgefangene bewachte. Danach hätte sie wieder zu ihrem zivilen Arbeitsplatz zurückkehren können. Drei Monate waren einfach zu lang für Helga Luther. Am 29.4.1943 wurde großspurig ein Sieg der deutschen Wehrmacht verkündet. Mittendrin in der Siegmeldung platzte es aus ihr heraus, dass Wehrmacht inklusive Hitler es verdienten, mit Peitschen nach Sibirien gejagt zu werden angesichts ihres fehlenden Respektes vor anderen Menschen.

 

Helga Luther, die bereits „unangenehm“ aufgefallen war, weil sie die Gefangenen zu freundlich behandelte und ihnen heimlich Essen zukommen ließ, wurde verhaftet. Sie wurde wegen Zersetzung der Wehrkraft, Spionageverdacht, Begünstigung von Juden und Fremdarbeitern und Führerbeleidigung angeklagt.

 

Der Volksgerichtshof blieb ihr zwar erspart, aber nach unzähligen Gestapo-Verhören kam sie am 17.11.1943 in das KZ Ravensbrück. Die Zwanzigjährige erlebte die übliche Aufnahmeprozedur: Haare scheren, Wegnahme der Zivilkleidung, Sträflingskleidung, Untersuchung, endlose Appelle, Terror durch Kapos und Aufseherinnen, das anfängliche Unwissen über Überlebensstrategien.

 

Als Deutsche und examinierte Krankenschwester wurde sie der Isolierabteilung des Krankenreviers zugeteilt. Ihr Entsetzen über die dortigen Zustände waren maßlos. Nicht nur, dass ausreichend Nahrung und sauberes Wasser fehlte, es waren kaum Medikamente, kaum Material oder pflegerische Hilfsmittel vorhanden. Dazu wurde sie mit den polnischen Versuchsopfern konfrontiert, die nach überflüssigen und verstümmelnden Operationen geringe Überlebenschancen hatten angesichts des umfassenden Mangels. Junge polnische Frauen aus dem Gestapo-Gefängnis Lublin mussten sogenannte Sulfonamidversuche über sich ergehen lassen. Man schlitzte Ihnen die Beine auf oder zertrennte Sehnen, Nerven, Venen oder Arterien und verunreinigte die Wunden vorsätzlich mit Glas- oder Metallsplittern. Danach wurden die Beine eingegipst, bis die Infektion ihren Höhepunkt erreicht hatte. Nach der Abnahme des Gipses und Reinigung der Wunden probierten die SS-Ärzte unterschiedliche Dosierungen von Sulfonamiden aus. Die Frauen, die eine derartige Tortur überlebten, mussten kurz darauf auch an Krücken wieder in die Produktion gehen. Häufig wurden die Frauen mehrmals derart gequält. Wer alle Versuche entgegen der Erwartung der Ärzte überlebte, wurde zumeist später erschossen. 74 der Versuchsopfer konnten überleben, weil andere Häftlinge sie versteckten. Diese polnischen Frauen waren für ihr Leben gezeichnet: physisch und psychisch.

 

Drei Wochen später wurde Helga Luther in den Tuberkuloseblock 11 versetzt. Bevor sie überhaupt etwas erkennen konnte, musste sie erstmal die geschlossenen Fensterläden öffnen. Entsetzt stellte sie danach fest, dass in den Kojen tote, sterbende und lebende Häftlinge wild durcheinanderlagen. Dreck, Leichengeruch, Kot, Blut, Erbrochenes und Urin erzeugten einen bestialischen Gestank. Am liebsten wäre sie geflüchtet. Die Zigeunerinnen aus dem benachbarten Block versuchten ihr in diesem unsagbaren Elend zu helfen. Und wieder mangelte es an den elementaren Dingen zur Ernährung und Pflege. Dazu kamen Sprachprobleme mit den Patientinnen, die aus allen Ecken Europas dort zusammengepfercht waren. Zusätzlich musste sie noch die Not von 85 Menschen mit Down-Syndrom aus Odessa miterleben, die zu Versuchszwecken nach Ravensbrück gebracht worden waren.

 

Mit den simpelsten Mitteln kämpfte Helga Luther gegen die katastrophalen Bedingungen. Frische Luft und kaltes Wasser ohne Seife oder Desinfektionsmittel zur Reinigung der Baracke und der Wäsche waren die einzigen hygienischen Möglichkeiten. Trost und Zuspruch machte den Patientinnen die Lage etwas erträglicher. Krätze, Magenschleimhautentzündungen, Karbunkel, Erfrierungen behandelte sie mit Mittelstrahlurin. Die Außenkommandos sammelten Kräuter, die in der Rübensuppe untergegeben die Widerstandskräfte stärkten. Um nicht völlig hilflos den Bedingungen der Pflege ausgesetzt zu sein, war Mut, Kreativität, ein gutes Gespür, Alternativen in den Behandlungen gefordert. Auf eine Unterstützung durch die SS-Ärzte konnte sie jedenfalls nicht hoffen.

 

Jahrzehntelang schwieg Helga Luther über ihre Erlebnisse in der Hölle Ravensbrück, auch gegenüber ihrem Mann und ihren Kindern. Seit 1992 kümmerte sie sich um ehemalige polnische Gefangene, die sie als Krankenschwester im KZ kennengelernt hatte, weil sich niemand um eine Nachsorge dieser Fälle bemühte. Die Bundesregierung oder die profitierenden Firmen sahen nicht die Opfer. Eine nachträglich bittere Erfahrung für die couragierte Krankenschwester. Die inzwischen in Berlin wohnende Frau engagierte sich dann auch für die Bildungseinrichtung Buckow e.V., diskutierte oder fuhr als Zeitzeugin mit Jugendlichen nach Auschwitz.

 

Als 82-jährige sagte sie zur Eröffnung einer Ausstellung über den Todesmarsch der Frauen aus dem KZ Ravensbrück: „Die Vergangenheit soll nie zu einem Abschluss kommen, sondern uns lehren, eine lebenswerte Zukunft zu finden. Ravensbrück ist für mich immer der Punkt, der zwar schrecklich für mich persönlich war, aber auch die Quelle, aus der ich den Jugendlichen sagen kann: Lasst es nicht zu, dass so etwas wieder geschieht. Hütet eure Kinder, hütet eure Eltern. Lasst das Leben nicht in einem solchen Schmutz zugrunde gehen.“

 

2006 erhielt Helga Luther vom Ministerpräsidenten Matthias Platzeck für ihr ehrenamtliches Engagement den neu geschaffenen Brandenburger Landesorden „Roter-Adler“ verliehen.

 

Quellen: Landtag Brandenburg; Holocaust Memorial Day; IKIB; KZ Gedenkstätte Ravensbrück

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