Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Lotte Leni Golinski, geb. Ehrlich

 

Die Krankenschwester Lotte Leni Golinski, geb. Ehrlich, wurde am 14.2.1921 in Berlin geboren. Ihr Name ist auf der Deportationsliste vom "24. Osttransport" vom 9.12.1942 mit dem Zielort Auschwitz zu finden. Auf dieser Liste steht über ihrem Namen Gerd Bruno Golinski, geb. am 5.9.1918 in Berlin, ermordet am 24.3.1945 in Dora Mittelbau. Vermutlich war es ihr Ehemann.

 

Quelle: Statistik des Holocaust


 

Chana Gontowicz

 

Chana Gontowicz war Krankenschwester und Schneiderin. Sie wurde am 3.5.1911 in Kalisz, Polen, geboren. In Belgien wurde sie als staatenlos erklärt und in das SS-Sammellager Mechelen verbracht. Verheiratet war sie mit dem Herrn Wartowski. Am 19.5.1944 wurde sie mit dem XXV. Transport unter der Nummer 39 nach Auschwitz deportiert. Chana Gontowicz konnte den Holocaust überleben und kehrte durch die Repatriierung nach Belgien zurück.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Karl Gorath

 

Der gelernte Krankenpfleger Karl Gorath wurde am 12.12.1912 in Bad Zwischenahn geboren. Bereits in seiner Schulzeit bekam er Probleme durch seine Homosexualität. Am 9.1.1934 erstattete der Schuldirektor des humanistischen Gymnasiums in Bremerhaven Anzeige gegen ihn bei der Kriminalpolizei. Am 12.1.1934 erging der Haftbefehl und er wurde zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Durch ein Gnadengesuch kam Gorath am 31.12.1934 frei.

 

1935 verschärften die Nazis den § 175. Karl Gorath wurde 1938 denunziert. 1939 geriet der Krankenpfleger wieder in die Fänge des braunen Mobs. Die Nazis nannten es "Widernatürliche Unzucht".

 

Zunächst wurde er zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt, einen Monat später wurde die Gesamtzuchthausstrafe auf zwei Jahre und sechs Monate hochgesetzt, wiederum einen Monat später auf insgesamt drei Jahre. Gnadengesuche wurden trotz guter Führung abgelehnt: "Einen Gnadenverweis befürworte ich für Gorath nicht, da allein die unnachgiebige Strafvollstreckung die erforderliche abschreckende Wirkung ausüben kann."

 

Vom 18.1.1940 bis 16.12.1942 saß der Krankenpfleger im Zuchthaus Celle. Nach verbüßter Haftstrafe ließ man Gorath nicht etwa frei. Der SS-Hauptsturmführer und Kriminalrat Hirschberg, Leiter der Kriminalabteilung der Staatlichen Kriminalpolizei Wesermünde, entschied:

 

"Gegen Gorath habe ich mit Wirkung vom Tage der Strafverbüssung polizeiliche Vorbeugungshaft angeordnet. Ich bitte, Gorath mittels Sammeltransportes nach dem Polizeigefängnis Bremen-Ostertor überführen zu lassen.“ Gezeichnet Hirschberg

 

Am 18.12.1942 fand die Überführung in das Polizeigefängnis Bremen-Ostertor statt. Von dort deportierte man ihn in das KZ Neuengamme. Der Häftling Karl Gorath wurde als Berufsverbrecher eingestuft und zur Häftlingsnummer 16045. Ab Februar 1943 musste er Zwangsarbeit im Nebenlager Wittenberge bei den Walther-Werken leisten. Danach wurde der Krankenpfleger ins Lazarett des Nebenlagers Wittenberge eingesetzt. Die russischen Kriegsgefangenen wurden dort besonders schlimm behandelt. Die bereits kargen Rationen Brot wurden nochmals gekürzt. Karl Gorath und andere Häftlinge schmuggelten daraufhin Essensrationen ins "Russenlager". Als es aufflog, wurde er mit einem sogenannten Straftransport am 11.6.1943 ins KZ Auschwitz verschleppt. Nun trug er den roten Winkel der "Politischen" und die Häftlingsnummer 124630. Er arbeitete wieder im Krankenrevier, später wurde er Blockältester.

 

Durch den Kriegsverlauf "evakuierten" die Nazis ihn am 18.1.1945 im offenen Güterwagon ins KZ Mauthausen. Von dort ging im Februar sein Leidensweg weiter im Nebenlager Kloster Melk. Auch dieses Nebenlager wurde durch das Vorrücken der Roten Armee aufgelöst und Gorath im April 1945 in das Nebenlager Ebensee verschleppt. Hier wurde er endlich am 6.5.1945 durch amerikanische Truppen befreit.

 

Seine Befreiung erlebte er in einem Berg Leichen, wo man ihn abgelegt hatte. Karl Gorath war lebensbedrohlich an Ruhr erkrankt. Ein französischer Arzt erkannte den Rest an Leben und zog ihn aus dem Leichenstapel und päppelte ihn wieder auf. Am 22.7.1945 kam er wieder in Bremerhaven an.

 

Das Jahr 1946: tausende NS-Täter liefen in Deutschland frei rum. Unbehelligt bastelten Mörder und Schwerstverbrecher an ihren neuen bürgerlichen Karrieren. Und was unternahm die deutsche Justiz? Der Krankenpfleger Karl Gorath wurde am 27.3.1946 verhaftet. Der Vorwurf lautete: "Schwere Unzucht unter Männern". Der durch die Nazis verschärfte § 175 wurde auch im Nachkriegsdeutschland angewandt und Gorath wurde zur Höchststrafe von fünf Jahren Zuchthaus und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt. Der Richter war ein alter Bekannter. Der hatte bereits Gorath im Nazideutschland verurteilt und begrüßte den Krankenpfleger mit den Worten: "Sie sind ja schon wieder hier!"

 

Gnadengesuche wurden abgelehnt: "Es liegt kein Anlass vor, die Stellungnahme vom 20.06.1950 abzuändern. Gorath, der mehrfach wegen Sittlichkeitsverbrechen vorbestraft ist, bildet bei seiner Veranlagung in der Freiheit eine Gefahr. Die Strafe kann auf ihn nur als abschreckendes Mittel wirken. Deshalb, und um ihn so lange als möglich der Öffentlichkeit fernzuhalten, sollte er die Strafe voll verbüssen." (Ablehnung des Gnadengesuches durch das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen)

 

Nach seiner Haftentlassung am 11.4.1951 war Karl Gorath genötigt, im September 1951 eine Heirat mit Anna Katharina Arndt einzugehen. Als Vorbestrafter fand er keine Arbeit. Seine Rente lag unter dem Sozialhilfesatz. Sämtliche Versuche, eine Entschädigung oder Wiedergutmachung für seine Haft unter den Nazis zu erhalten, zumal er körperlich schweren Schaden in den KZ´s erlitten hatte, scheiterten. Am 5.2.1980 entschied das Sozialgericht Bremen: "Die Klage wird abgewiesen, „denn der Kläger fand sich nicht als Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungs-gesetzes in den Konzentrationslagern, sondern aufgrund der Verurteilungen wegen der von ihm begangenen Sittlichkeitsdelikte.“

 

Im hohen Alter erhielt er eine monatliche Unterstützungszahlung vom Bremischen Härtefond für die vergessenen Opfer des NS-Regimes, der 1989 installiert wurde.

 

Am 18.3.2003 starb Karl Gorath in Bremerhaven in seiner Wohnung, wie er es sich gewünscht hatte, Dank engagierten Nachbarn und ambulanten Pflegedienstes. Eine offizielle Ehrung erfuhr Karl Gorath nie, auch nicht für seinen mutigen Einsatz für die russischen Kriegsgefangenen im Außenlager Wittenberge vom KZ Neuengamme.

 

Zum Gedenken an Karl Gorath wurde 2013 ein "Stolperstein" in der Deichstraße, Bremerhaven, gesetzt.

 

Quelle: Ich danke für diese sehr detaillierte Recherche Dr. Jörg Hutter; United States Holocaust Memorial Museum; Lesben- und Schwulenzeitschrift Lust; Ralph Hoffmann, Rainer Hoffschildt


 

Gertrud Gordan

 

Der erste Hinweis auf diese Pflegekraft war die Suchanzeige in der Zeitschrift "Der Weg Zeitschrift für Fragen des Judentums", Jahrgang 1, Nummer 30, Berlin 20. September 1946.

 

Gertrud Gordan wurde am 1.9.1899 in Bremerhaven geboren. Ihr Vater war Max, geboren circa 1864 in Dobrodzień, Polen, verstorben am 5.7.1917 in Berlin. Ihre Mutter Elisabeth, geborene Nissen, verstarb am 30.6.1932. Gertrud hatte zwei Brüder, Konrad, geboren am 22.3.1892, der bereits 1922 starb, und Ernst, geboren am . Ihre ältere Schwester Margaret, geboren etwa im, gab die Suchanzeige auf.

 

Gertrud Gordan wurde am 14.9.1942  mit dem Transport I/65 nach Theresienstadt verschleppt. Die Nazis bezeichneten ihn als „2. Großer Alterstransport“. In diesem Transport befanden sich 1000 Menschen, darunter auch die Bewohner und Personal des Altenheimes Iranische Straße 3 und Betreute und Personal des Taubstummen- und Blindenheimes Weißensee.

 

Vermutlich hat Gertrud in Theresienstadt weiter in der Pflege gearbeitet. Von dort wurde sie am 28.10.1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Da sie nicht in Auschwitz registriert wurde, war der Ankunftstag vermutlich der Todestag von Gertrud Gordan. Sie gilt als vermisst.

 

Quellen: "Der Weg Zeitschrift für Fragen des Judentums"; YAD VASHEM; Dan Gordan: geni.com


 

Klara Gordon

 

Die Krankenschwester Klara Gordon wurde 1866 geboren. Sie war Mitbegründerin des Frankfurter jüdischen Schwesternvereins und gehörte zu den ersten Jüdinnen, die in Frankfurt ihre Ausbildung zur Krankenschwester absolvierten. Am 1.3.1898 wurde sie Oberin am Israelitischen Krankenhaus Hamburg und wechselte dann auch in den Hamburger Schwesternverein. Im I. Weltkrieg arbeitete sie, wie die meisten ihrer Kolleginnen, in der Verwundetenpflege und erhielt dafür die „Rot-Kreuz-Medaille".

 

Ungewöhnlich für diese Zeit war, dass sie auch in der Aufsichtsbehörde des Krankenhauses mitreden und die Belange der Pflegekräfte dort vertreten konnte.

 

Natürlich bekam auch sie die Entwicklungen ab 30.1.1933 mit. Sie, die sich immer massiv für eine Professionalisierung des Pflegeberufs einsetzte, musste ertragen, dass die angeschlossene Krankenpflegeschule auf Anordnung geschlossen werden musste. Klara Gordon erlebte mit, wie das Krankenhaus immer mehr in finanzielle Bedrängnis kam, weil sich immer weniger nichtjüdische Patienten dort behandeln ließen. Judenboykott, Bücherverbrennungen, Nürnberger Rassegesetze, ein zunehmender Alltagsterror blieben ihr mit Sicherheit nicht verborgen. Sie musste aber nicht mehr, dem Herrn sei Dank, miterleben, dass ihr Krankenhaus 1939 dem Nazistaat überschrieben werden musste.

 

Am 20.12.1937 verstarb Klara Gordon nach fast 40 Dienstjahren als Oberin nach kurzer Krankheit.

 

Quelle: „Jüdische Pflegegeschichte – Biographien und Institutionen in Frankfurt Main“

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