Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Brita Maria Theresia Elisabeth König

 

Britas Vater, der aus Mähren stammende Schriftsteller und Journalist Otto König, war begeisterter Monarchist. So erklären sich ihre Vornamen und die Namen ihres Bruders Franz Joseph, der sich später in Frank Kelley umbenannte. Die Mutter Alice, geborene Fischer war die Tochter eines bekannten Wiener Kinderarztes. Sie verließ 1923 die Familie und zog nach Irland. Daraufhin zog der Vater mit den beiden Kindern nach Wien. Er arbeitete dort in der Redaktion der Tageszeitung "Neues Wiener Journal". Brita und ihr Bruder kamen in ein Kinderheim in der Nähe von Wien. Später lebten sie bei einer Tante. Ende der zwanziger Jahre nahm der Vater sie zu sich. Die glückliche Zeit beim Vater endete mit seinem frühen Tod. Otto König brach 1932 mit einundfünfzig Jahren tot an seinem Schreibtisch zusammen. Die Mutter erhielt das Sorgerecht und brachte ihre Kinder in Klosterschulen unter. Mit Hilfe der Quäker konnte sie für Brita und Franz Joseph 1938 die Ausreise nach Großbritannien erreichen. In England erlernte Brita König den Beruf der Krankenschwester.

 

Quelle: Patrik von zur Mühlen, Neuer Nachrichtenbrief der Gesellschaft für Exilforschung e. V., Nr. 26 ISSN 0946-1957 Dezember 2005


 

Anna Bertha Königsegg

 

Anna Bertha von Königsegg entstammte einer gräflichen, im Fürstenrang stehenden Familie aus Württemberg in Deutschland und wurde am 9.5.1883 als zweites Kind in Königseggwald geboren. Die sehr gläubige Familie leistete viel caritative Arbeit, sodass es nicht ungewöhnlich war, dass sich Anna Bertha sehr früh für ein Leben als Ordensschwester entschied. Sie genoss eine gute Schulbildung, sprach fließend Englisch, Französisch und Italienisch.

 

1901 brachten die Eltern sie auf ihren Wunsch hin nach Paris zu den Vinzentinerinnen. Weshalb sie gerade dorthin wollte, ließ sich nie ergründen. Ihre Probezeit verbrachte sie im Pariser St. Josef Spital. 1903 wechselte sie in das Allgemeine Spital in Angers. Dort erlernte sie die Krankenpflege. Eigentlich wollte sie in der auswärtigen Mission arbeiten. Daraus wurde nichts, denn 1914 nach Ausbruch des I. Weltkrieges, musste sie als Deutsche Frankreich verlassen. Anna Bertha Königsegg ging für elf Jahre nach Italien. Sie arbeite dort zunächst in der Krankenpflege, ab 1921 als Unterrichtsschwester. 1923 übernahm sie die Schulleitung der Turiner Krankenpflegeschule und wurde gleichzeitig die Oberin des Turiner Spitals.

 

Im Herbst 1925 wurde ihr überrachend zum Leidwesen der Turiner Schwestern mitgeteilt, dass sie zur Visitatorin der Provinz Salzburg ernannt worden war. Nachdem sie ihre Provinz kennen gelernt hatte, widmete sie sich in erster Linie der Krankenpflegeausbildung und baute eine Krankenpflegeschule auf, die auch weltlichen Schülerinnen offenstand. 1940 entzogen ihr die braunen Machthaber die Schule und reihten diese ins Deutsche Rote Kreuz ein.

 

Es war nicht das erste Mal, dass Anna Bertha Königsegg mit den Nationalsozialisten in Widerspruch geriet. Denn 1935/36 musste sie bereits als außerordentliche Visitatorin nach Köln, nachdem die dortige Visitatorin nach Belgien geflüchtet war und deren Ökonomin und Sekretärin verhaftet worden waren. Die Salzburger Visitatorin lernte also sehr früh den Terror und die wahren Ziele der Nationalsozialisten kennen.Das hieß aber nicht, dass sie sich einschüchtern ließ.


Nach dem Anschluss Österreichs an das deutsche Reich begannen die Nazis sofort, ihre Vorstellungen umzusetzen. So entließen sie gleich in einem Kufsteiner Krankenhaus die Ordensschwestern. Anna Bertha Königsegg protestierte gegen diese Maßnahme schärfstens.

 

Ab 1940 beließ es Anna Bertha nicht mehr bei Protesten. Im Januar 1940 verbot sie per Dienstanweisung den Barmherzigen Schwestern des Landeskrankenhauses Salzburg, bei Zwangssterilisierungen in irgendeiner Form mitzuwirken. Im August 1940 versuchte sie, die Kranken aus der Versorgungsanstalt Schernberg bei Schwarzach St. Veit zu retten, indem sie den Nazis anbot, die Patienten zukünftig auf eigene Kosten unter Verzicht staatlicher Hilfen zu versorgen. Sehr deutlich machte die Ordensschwester klar, dass ihr der Zweck der "Verlegung" klar war. Offen kündigte sie dem Reichsverteidigungskommissar im Wehrkreis XVIII durch einen Brief an, dass sie jegliche Mitarbeit an derartigen Aktionen verweigern würde. Um die Mitschwestern zu schützen, betonte sie, dass sie für ihre Entscheidungen ausschließlich alleine die Verantwortung trage.

 

Ihre Haltung drang an die Öffentlichkeit. Das Licht der Öffentlichkeit betreffs ihrer Verbrechen scheuten die Nazis. Doch auch elf Tage Gestapohaft und Verhöre brachen ihr nicht das Rückgrat.

 

Als siebzig behinderte Kinder aus Mariathal bei Kramsach in Tirol von der Euthanasie bedroht waren, erging wieder eine Dienstanweisung, von der sie den Gauleiter informierte, die es den Schwestern verbot, beim Ausfüllen der Fragebögen, Abholung oder Transport behilflich zu sein. Die Visitatorin konnte auch diesmal die betroffenen Heiminsassen nicht retten. Und sie wusste genau, in welche Gefahr sie sich begab und rechnete mit ihrer erneuten Verhaftung.

 

Im April 1941 verurteilte die Nazijustiz sie wegen Sabotage amtlicher Befehle, Aufwiegelung der Schwestern und Unruhestiftung in der Bevölkerung. Unter Androhung des Konzentrationslagers verlangte man von ihr, aus dem Orden auszutreten. Sie weigerte sich. Nach viermonatiger Haft entließ man sie mit der Auflage, sich zukünftig nur noch auf dem Gut ihres Bruders bei München unter Gestapoaufsicht aufzuhalten. Erst nach Kriegsende konnte sie in ihr Kloster zurückkehren. Anna Bertha Königsegg standen wohl eine ganze Schar Schutzengel zur Seite, denn Urteil und anschließende Repressalien fielen bei ihr angesichts der üblichen Justizpraktiken der damaligen Zeit erstaunlich milde aus.

 

Erst nach Kriegsende kehrte Anna Bertha Königsegg auf abenteuerliche Weise nach Salzburg zurück. Sofort ging sie an den Wiederaufbau. Das durch Bomben beschädigte Provinzhaus wurde unter ihrer Leitung wiederhergestellt. Am 12.12.1948 starb Anna Bertha Königsegg an den Folgen einer schweren Krebserkrankung. Die katholische Kirche, die Krankenpflege und die Pflegeausbildung verloren mit ihr eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts.

 

Quellen: Austria-Forum, Mahner-Helfer-Patrioten: Porträts aus dem österreichischen Widerstand, Helga Thoma, ISBN3851671686, 9783851671681: Wikipedia; Wolfgang Neugebauer: "Unser Gewissen verbietet uns, in dieser Aktion mitzuwirken." - Der NS-Massenmord an geistig und körperlich Behinderten und der Widerstand der Sr. Anna Bertha Königsegg] Vortrag anläßlich einer Gedenkveranstaltung für Sr. Anna Bertha Königsegg, Schloß Goldegg, 12. November 1998


 

Lili Körber

 

Lili Körber wurde am 25.2.1897 in Moskau geboren, weil ihr Vater Ignaz Körber, gebürtiger Österreicher, dort als Exportkaufmann arbeitete. Lilis Mutter war Polin. Die Familie war wohlhabend, konnte sich für die Tochter französische Erzieherinnen leisten und Lili wuchs so dreisprachig auf mit deutsch, russisch und französisch. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, kam die Familie in größte Schwierigkeiten. Ihr Vater wurde als "feindlicher" Ausländer wegen angeblicher Spionage für Österreich inhaftiert, sein Vermögen beschlagnahmt. Nach seiner Freilassung musste die Familie umgehend Russland verlassen und zog mittellos geworden nach Wien.

 

Lili Körber besuchte nun in der Schweiz ein Gymnasium, um die Matura abzulegen. Anschließend studierte sie in Genf, Wien und Frankfurt am Main Literaturgeschichte. Angesichts der angespannten finanziellen Situation musste sie häufiger ihr Studium unterbrechen und für ihren Lebensunterhalt verdienen, dennoch promovierte sie 1923 an letztgenannter Universität mit einer Dissertation über die Lyrik Franz Werfels. Danach war sie journalistisch freischaffend von 1923 bis 1938 für die Arbeiter-Zeitung in Wien tätig. 1928 und 1929 hielt sie sich kurz in Moskau auf, 1930 erhielt sie eine Einladung vom Moskauer Staatsverlag.

 

Lili Körber wollte mehr wissen über die gesellschaftlichen Veränderungen in der Sowjetunion nach der Revolution, verlängerte ihren Aufenthalt und arbeitete in einer Traktorenfabrik. In dem Roman "Eine Frau erlebt den roten Alltag. Ein Tagebuch-Roman aus den Putilowwerken.", erschienen 1932 beim Rowohlt Verlag, verarbeitete sie ihre dortigen Erfahrungen. Der Roman wurde ein Erfolg. Auch der nächste Roman erntete gute Kritiken, fiel dann aber der Zensur zum Opfer.

 

Lili Körber war 1933 in Berlin gewesen und unter den Eindrücken des emporgekommenen Nationalsozialismus schrieb sie den dokumentarischen Roman "Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland" (anderer Titel: "Die Ehe der Ruth Gompertz"). 1935 unternahm sie Reisen nach China und Japan, verarbeitet in "Begegnungen im fernen Osten", erschienen 1936. "Sato-San, ein japanischer Held" folgte als satyrischer Zeitroman zu Hitler. Für "Eine Österreicherin erlebt den Anschluß" 1938 benutzte sie diesmal ein Pseudonym, Agnes Muth, um ihre Familie nicht zu gefährden. Sie selber zog die Konsequenz und emigrierte über die Schweiz nach Frankreich. Ihr Freund, der Soziologe Eric Grave, konnte im July 1938 ihr illegal nach Paris folgen.

 

Eric Grave hieß eigentlich Eric Goldschmidt. Mit diesem "jüdischen" Namen hatte er bereits 1933 Schwierigkeiten und ließ deshalb den Namen ändern. Beide ergatterten eine zweijährige Aufenthaltsbewilligung für Lyon, aber die Nazis waren mit ihren Eroberungszügen schneller. Eric kam in ein Internierungslager. Er hatte Glück, konnte 1940 entkommen und Lili und er heirateten. Über das "Emergency Rescue Committee" erlangten sie Visa für die USA. Im Juni 1941 trafen sie in New York ein.

 

Der Neubeginn war ausgesprochen schwierig und massive finanzielle Nöte belasteten. Ihr literarisches Schaffen setzte Lili Körber auch in den USA fort, aber mit erheblichen Schwierigkeiten. Sie war zwar dreisprachig aufgewachsen, aber nicht mit Englisch. So schlug sie sich anfangs hauptsächlich mit Russischunterricht und Fabrikarbeit durch.

 

1949 begann sie die Ausbildung zur Krankenschwester. In diesem Beruf sah sie einen Sinn, hatte das Gefühl, gebraucht zu werden und arbeitete in der Pflege bis zu ihrer Pensionierung. Ihre Erfahrungen in der Pflege verwertete sie ebenfalls literarisch, es entstand der Roman "Call me nurse". Leider wurde er nie veröffentlicht.

 

Lili Körber teilte das Los vieler Schriftsteller im Exil. Abgeschnitten von der Muttersprache endete ihre bis dahin erfolgreiche schriftstellerische Karriere abrupt. In ihrem Nachlass fand sich ein bis dahin unveröffentlichtes Gedicht, was ihre Situation gut beleuchtete.

 

Amerika, Amerika

Ich sitze zwischen zwei Stühlen

Der alten und neuen Welt

Dort bin ich mit meinen Gefühlen

Doch hier verdien ich mein Geld.

Dort schrieb ich glühende Verse

Und sang "Zur Freiheit, zum Licht!"

Hier spiel' ich auf der Börse

Und höre den Baseballbericht.

Oh neue Welt, die mir mein Ich zerriß

Mein Selbstbewußtsein und mein Selbstvertrauen

Du bist wie ein nicht passendes Gebiß

Doch ohne Dich könnte ich nicht kauen

 

Wenige Jahre vor ihrem Tod entdeckte Viktoria Hertling, eine US- Germanistin, ihr Werk und machte einige Interviews mit Lili Körber, sodass sie nicht vollends in Vergessenheit geriet und entsprechend ihr Nachlass gesichtet wurde. Allerdings verbrannte Lili Körber kurz vor ihrem Tod ihr Tagebuch. Lili Körber erkrankte an Leukämie und starb am 11.10.1982 in New York. 1984 und 1988 wurden ihre Romane "Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland" unter dem Titel "Die Ehe der Ruth Gompertz" und "Eine Österreicherin erlebt den Anschluß" neu aufgelegt. Viktoria Hertling und Kay Stone übersetzten von Lili Körber eine Novelle, die 1990 unter dem Titel "Night over Vienna" erschien. 1992 gab Viktoria Hertling unter dem Titel "...nicht Blut, so doch Tinte vergossen" Gedichte und Prosa von Lili Körber heraus.

 

Quellen: Quelle und Fotograf unbekannt (Bearbeitet wegen extremer Altersschäden) Frauendarstellungen bei Adrienne Thomas und Lili Körber von Yun Jung Seo Wikipedia exil literatur Exil Archiv


 

Chana Kofmanski, geb. Russak

 

Chana Russak wurde am 19.4.1902 in Kalisz in Polen geboren. Sie war mit Wolf Kofmanski verheiratet. Am 20.9.1943 verließ sie das SS-Sammellager Mechelen in Belgien unter der Nummer 250 mit dem Transport XXIIB. Es ist nicht bekannt, ob die Krankenschwester das KZ Auschwitz-Birkenau überleben konnte.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Maria Kohl

 

Die Krankenschwester Maria Kohl arbeitete in der Heil- und Pflegeanstalt Gugging und verweigerte eine Mittäterschaft an Euthanasieverbrechen. Als sie 1943 beobachten musste, dass der Anstaltsarzt Dr. Gelny eine Patientin ermordete, zog sie die Konsequenz und kündigte fristlos (Zeugenvernehmung beim LG Wien am 5. 2. 1946).
 

Quellen: Gerhard Fürstler: Krankenpflege in der Zeit des Nationalsozialismus, Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband, 03.02.2005; Diplomarbeit „Die Heil- und Pflegeanstalt Gugging während der NS-Zeit“ Angela Danbauer


 

Maria Kolbe, geb. Dabrowska

 

Maria Kolbe, geb. Dabrowska, war Hebamme. Sie war mit dem deutschstämmigen Julius Kolbe verheiratet und hatte fünf Kinder, von denen allerdings zwei an Tuberkulose starben. Die Familie war streng katholisch. Ihr Mann arbeitete in einer Fabrik. Sie führte einen kleinen Laden und arbeitete zusätzlich in ihrem Beruf als Hebamme. Ihr Mann und die Söhne kämpften für die Befreiung Polens gegen die russischen Besatzer in der Polnischen Legion Pilsudskis. Nachdem ihr Ehemann deshalb hingerichtet wurde, trat sie als Nonne dem Benediktinerorden bei. Ihr Sohn Rajmund trat am 4.9.1910 in den Franziskanerorden ein. Unter der deutschen Besatzung erging es der Familie nicht besser, obwohl sie anfangs die antisemitische Haltung der Nazis teilten. Angesichts der Gräueltaten der Nazis änderten sie zumindest insoweit ihre Haltung, dass sie versuchten, jüdischen Mitbürgern zu helfen. Ihr Sohn Rajmund, Pater Maximilian, wurde in das KZ-Lager Auschwitz-Birkenau verschleppt und dort ermordet. 1971 wurde er selig, 1982 heilig gesprochen. Maria Kolbe starb am 17.3.1946.

 

Quelle: Kirchenlexikon


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