Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


Herrmann Kaatz

 

Herrmann Kaatz arbeitete im Krankenhaus Moabit in Berlin und teilte das gleiche Schicksal mit Arthur Bengs. Als politischer Gegner der Nazis wurde er im April 1933 im Zuge "der Säuberung" des Krankenhauses entlassen.Seine Arbeitspapiere wurden von der Personalverwaltung einbehalten, was einem Berufsverbot gleichkam.

 

Quellen: Dr. Christian Pross; "Nicht misshandeln", ISBN 3-88725-109-1

 

Stefanie Kadlec

 

Stefanie Kadlec wurde am 2.11.1899 geboren und war wohnhaft in Wien. Die Krankenpflegerin und Maschinarbeiterin vervielfältigte und verbreitete kommunistische Flugschriften. Am 29.5.1941 wurde sie verhaftet und am 20.7.1942 zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach Kriegsende wurde sie aus der Haft entlassen.

 

Quelle: DÖW


 

Schwester Maria Restituta oder Helene Kafka

 

Schwester Maria Restituta - Helene Kafka
Schwester Maria Restituta wurde am 1.5.1894 in Hussowitz (Husovice) bei Brünn in Mähren geboren. Sie kam aus einfachen Familienverhältnissen. Ihr Vater war Schuhmacher und musste seine kinderreiche Familie ernähren. Im Mai 1905 ging Helene Kafka zur Erstkommunion und wurde im Mai 1911 in der Pfarrei St. Brigitta in Wien gefirmt.
Nach einer Gundschulausbildung verkaufte sie zunächst zwei Jahre lang Tabakwaren.

 

Dann arbeitete sie als Pflegehelferin im Städtischen Krankenhaus Wien-Lainz. Dort lernte sie die "Franziskanerinnen von der christlichen Liebe", auch "Hartmannschwestern" genannt, kennen und trat gegen den Protest ihrer Eltern am 25.4.1914 in den Orden ein. Am 23.10.1915 begann sie das Noviziat und am 23.10.1916 legte sie die einfache Profess ab.

Sie absolvierte die Ausbildung zur Krankenschwester und arbeitete zunächst in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Neunkirchen in Niederösterreich. Nach einer Zwischenstation in Lainz kam sie als Operationsschwester ins Krankenhaus Mödling bei Wien.

 

Sie galt als lebensfrohe Ordensschwester, die eine gewisse Vorliebe für gutes Essen pflegte und auch einem Glas Bier nicht abgeneigt war. Daher konnte man sie nicht gerade als schlank bezeichnen. Diese doch im Grunde genommenen harmlosen Leidenschaften stießen bei manchen Mitschwestern auf heftige Abwehr, denn sie als Franziskanerinnen strebten die Askese als Ideal an.

 

Schwester Maria Restituta brüskierte noch aus anderen Gründen. Es bestand zwar kein Zweifel an ihrer Frömmigkeit. Aber mit ihrem Temperament und ihrer schonungslosen Ehrlichkeit rutschte sie oft in eine Außenseiterrolle. Doch gerade durch ihre Geradlinigkeit war sie bei Patienten und vielen KollegINNen beliebt, die ihr den liebevoll gemeinten Spitznamen "Schwester Resoluta" gaben.

 

Als der jüdische Chirug gegen einen SS-Arzt ausgetauscht wurde, dessen fachliche Kompetenz sehr zu wünschen übrig ließ, waren Auseinangersetzungen vorprogrammiert. Im Mödlinger Krankenhaus wurden nach Kriegsausbruch auch Soldaten behandelt oder Soldaten brachten Verbandsmaterial zum Sterilisieren zu Schwester Restituta. Die Schwester bekam zunehmend Schwierigkeiten, weil sie trotz Verbot Kreuze in einen neuen Spitaltrakt hängte. Auch eine drohende Kündigung deswegen konnte sie nicht weiter erschüttern. Aber die Nazis im Mödlinger Krankenhaus hatten nun die Ordensschwester im Visier.


Ein Liedtext wurde ihr zum Verhängnis:

 

    Soldatenlied
    Erwacht, Soldaten, und seid bereit,
    Gedenkt Eures ersten Eid [s).
    Für das Land, in dem ihr gelebt und geboren,
    Für Österreich habet ihr alle geschworen.
    Das sieht ja schon heute jedes Kind,
    Daß wir von den Preußen verraten sind.
    Für die uralte heimische Tradition
    Haben sie nichts als Spott und Hohn.
    Den altösterreichischen General
    Kommandiert ein Gefreiter von dazumal.
    Und der österreichische Rekrut
    Ist für sie nur als Kanonenfutter gut.
    Zum Beschimpfen und Leuteschinden
    Mögen sie andere Opfer finden.
    Mit ihrem großen preußischen Maul
    Sind sie uns herabzusetzen nicht faul.
    Dafür haben sie bis auf den letzten Rest
    Die Ostmarkzitrone ausgepreßt.
    Unser Gold und Kunstschätze schleppten sie gleich
    In ihr abgewirtschaftetes Nazireich.
    Unser Fleisch, Obst, Milch und Butter
    Waren für sie ein willkommenes Futter.
    Sie befreiten uns, und ehe man's glaubt
    Hatten sie uns gänzlich ausgeraubt.
    Selbst den ruhmvollen Namen stahl uns die Brut,
    Und jetzt wollen sie auch noch unser Blut.
    Der Bruder Schnürschuh ist nicht so dumm,
    Gebt acht, er dreht die Gewehre um.
    Der Tag der Vergeltung ist nicht mehr weit,
    Soldaten, gedenkt eures ersten Eid(s).
    Österreich!
    Wir Österreicher, auf uns gestellt,
    Hatten Frieden und Freundschaft mit aller Welt.
    Die Welt vergiftet mit ihrem Haß,
    Sie machen sich jedes Volk zum Feind,
    Sie haben die Welt gegen sich vereint.
    Die Mütter zittern, die Männer bangen,
    Der Himmel ist schwarz mit Wolken verhangen.
    Der schrecklichste Krieg, den die Menschheit gekannt,
    Steht furchtbar vor unserem Heimatland.
    Es droht uns Elend und Hungersnot,
    Der Männer und Jünglinge Massentod.
    Kameraden, trotzt dem verderblichen Wahn,
    Was gehen uns die Händel der Preußen an.
    Was haben uns die Völker getan?
    Wir nehmen die Waffen nur in die Hand
    Zum Kampf fürs freie Vaterland.
    Gegen das braune Sklavenreich,
    Für ein glückliches Österreich!

 

Eine weltliche Krankenschwester hatte diesen Liedtext von zwei Familienangehörigen erhalten, die als Soldaten dienen mussten. Als Schwester Restituta in der Röntgenabteilung das Lied zur Abschrift diktierte, belauschte sie eine Angestellte. Die hatte nichts Eiligeres zu tun, als den unfähigen SS-Chirurgen Dr. Lambert Stumfohl zu informieren, der die streitbare Nonne sowieso auf dem Kieker hatte. Dieser beschlagnahmte das für einen Durchschlag verwendete Karbonpapier und zeigte Maria Restituta an.

 

Zwei Monate lang ertrug Schwester Maria Restituta offene Feindseligkeiten in ihrem Krankenhaus, in dem sie zwei Jahrzehnte lang unermüdlich gearbeitet hatte. Am Aschermittwoch 1942 schlug die Gestapo zu und verhaftete sie direkt im Operationssaal. Sie fanden dann bei ihr noch eine Flugschrift "Deutsche katholische Jugend". Es war ein Protest gegen einen braunen Übergriff gegen eine katholische Jugendkundgebung in Freiburg im Breisgau. Auch diese Flugschrift, die sie anscheinend von einer anderen Ordensschwester bekommen hatte, wurde dann Gegenstand des Prozesses.

 

Schwester Maria Restituta blieb in monatelangen Verhören standhaft, verriet Niemanden, der mit diesem Lied oder Flugschrift zu tun hatte. Der Gestapo erklärte sie, dass sie den Liedtext von zwei ihr unbekannten Soldaten bekommen habe. Was insoweit stimmte, nur dass sie die Kollegin vergaß, die ihr den Liedtext gab. So schützte sie die Krankenschwester und ihre Verwandten vor dem Zugriff der Gestapo. Zwei Mitschwestern, die mit Schwester Restituta im OP zusammenarbeiteten und bei der Verlesung des „Soldatenlieds“ anwesend waren, versuchten, die Ordensschwester zu entlasten.

 

Das Angebot, aus dem Orden auszutreten, schlug sie aus. Man konnte ihr zwar keine Veröffentlichung des Liedes oder des Flugblattes nachweisen, eröffnete aber dennoch fünf Monate später den Prozeß wegen Hochverrat und Feindbegünstigung. Es wurde immer deutlicher, dass Schwester Restitutia stellvertretend für die katholische Kirche auf der Anklagebank saß. Es sollte ein Exempel statuiert werden, um Proteste und Widerstände in der katholischen Kirche zu brechen.

 

Deshalb schloss der "Volksgerichtshof" auch bewusst entgegen anderslautender Weisungen die Öffentlichkeit zum Prozess nicht aus. Viele Ordensschwestern und Ordensbrüder erschienen in ihrer Tracht zur "Gerichtsverhandlung" und nahmen schockiert das Todesurteil am 29.10.1942 auf.

 

Gnadengesuche, unter anderem von Kardinal Theodor Innitzer von Wien, verhallten unbeachtet. Hitlers Henker, damit ist beileibe nicht nur der ausführende Scharfrichter gemeint, ermordeten sie über ein Jahr später auf dem Schafott im Landgericht Wien. Am 30.3.1943 starb Schwester Maria Restituta.

Jahre später widerfuhr dieser aufrechten Ordensschwester Gerechtigkeit. Am 21.6.1998 wurde Schwester Maria Restituta selig gesprochen und gilt als erste Märtyrerin der Erzdiözese Wien.

 

Quellen: Besonderer Dank gilt Schwester Edith Ruth Beinhauer für die Mitarbeit und detaillierte Recherche zu Schwester Maria Restituta; DÖW; Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon; Zeitgeschichte Information System: Urteil des VGH gegen Helene Kafka, Ordensname Restituta


 

Friedrich Kager

 

Friedrich Kager wurde am 18.5.1904 geboren und lebte in Wien. Der Sanitätsgehilfe befand sich vom 28.6. bis 13.11.1941 in Haft. Man warf ihm "Vorbereitung zum Hochverrat" vor. Nach der Haft wurde er anschließend der Gestapo Wien rücküberstellt. Herr Kager überlebte die Nazizeit.

 

Quelle: DÖW


 

Auguste Kainer

 

Die Wienerin Auguste Kainer wurde am 21.12.1893 geboren. Sie war Rotkreuzhelferin. Am 11.1.1944 wurde sie wegen "verbotener spiritistischer Betätigung und staatsfeindlicher Äußerungen" festgenommen. Aus dem Tagesbericht der Gestapo Wien Nr. 3, 11.-13. 1. 1944:

 

"Sie [Auguste Kainer] verantwortet sich damit, dass sie zu den staatsfeindlichen Stellungnahmen durch ihren Schutzgeist 'Johannes', mit dem sie mediumistisch ständig in Verbindung stehe, veranlasst worden ist. Da die Kainer als Angehörige der Luftschutzpolizei dem SS- und Polizeigericht untersteht, wird sie nach Abschluss der Ermittlungen diesem Gerichte im Stande der Haft angezeigt werden."

 

Bis jetzt ist nicht bekannt, ob und wie weiter gegen sie und den Schutzgeist, der ja wohl Urheber der staatsfeindlichen Äußerungen war, ermittelt wurde. Entweder handelte es sich bei Auguste Kainer um eine radikale Okkultistin oder aber sie war ausgesprochen clever, sich aus dem Vorwurf der „staatsfeindlichen Äußerungen“ herauszuwinden. Auf jeden Fall waren die Wege des Widerstandes doch manchmal recht eigensinnig.

 

Quelle: DÖW


 

Max Kaiser

 

Der Krankenpfleger Max Kaiser arbeitete im Krankenhaus Moabit im OP. Er war Mitglied des Arbeiter-Samariter-Bundes. Seine Frau arbeitete als Operationsgehilfin im gleichen Haus. Max Kaiser erlebte wie alle oppositionell eingestellten Pflegekräfte das angstvolle Klima, die alltägliche Unterdrückung, Einschüchterungen, Bespitzelungen, Denunziationen am Arbeitsplatz nach Hitlers Machtergreifung. Für ihn wurde die Situation aber noch unerträglicher. Nicht einmal zu Hause konnte er sich aus der Angst lösen und musste auf jedes Wort aufpassen. Seine Frau hatte sich zur hundertprozentigen Nationalsozialistin entwickelt. Max Kaiser hielt diese Situation nicht aus und nahm sich das Leben.

 

Quelle: Dr. Christian Pross; "Nicht misshandeln", ISBN 3-88725-109-1


 

Fanny Kallmann

 

Fanny war mit Arthur Kallmann verheiratet und lebte in Berlin-Schöneberg. Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Helmut und Eva. Arthur Kallmann war Rechtsanwalt mit einer eigenen Praxis in in der Bülowstraße in Schöneberg. Durch die Weltwirtschaftskrise konnte er jedoch die Kanzlei nicht halten. Er richtete sein Anwaltsbüro später in der Geisbergstraße ein, was auch gleichzeitig die Wohnung der Familie war.


Seine Frau Fanny Kallmann war 21 Jahre jünger als er. Ob und was sie vor der Heirat gelernt hatte, entgeht meiner Kenntnis. Auf jeden Fall soll sie nach Aussage ihres Sohnes Helmut entschieden lebenspraktischer gewesen sein als ihr Mann, der eher den Typus eines etwas "schrulligen" Gelehrtentyps verkörperte. Ihr Sohn meinte auch, dass die Familie vermutlich rechtzeitig ausgewandert wäre, wenn es nach ihr gegangen wäre. Mit der Machtergreifung verschärfte sich zunehmend die Lebenssituation, aber auch der Lebensstandard der Familie. Nach und nach mussten mehr Zimmer der großen Wohnung vermietet werden, unter anderem auch der als Kanzlei benutzte Raum. Im November 1943 zerstörten Bomben das Haus in der Geisbergstraße restlos. Trotz der zunehmenden Schwierigkeiten im Nazideutschland bemühte sich Fanny Kallmann, der Familie ein "normales" Familienleben zu ermöglichen.

 

1939 gelang ihrem Sohn Helmut die Ausreise. Arthur Kallmann wollte nicht auswandern, obwohl er zuerst nur noch jüdische Mandanten vertreten durfte, ab 1937/38 faktisch Berufsverbot hatte. Mit 65 Jahren fühlte er sich zu alt für einen beruflichen Neuanfang und war in der deutschen Kultur viel zu tief verwurzelt, um die Heimat zu verlassen. Am 14.10.1942 wurden er und Fanny Kallmann aus der Wohnung geholt und nach Theresienstadt deportiert. Wenige Tage später wurde auch ihre Tochter abgeholt. Vermutlich wurde sie nach Lodz deportiert, es gab nie wieder ein Lebenszeichen von ihr. Arthur Kallmann starb im März 1943 in Theresienstadt.

 

Die Vermutung liegt nahe, dass Fanny Kallmann vor ihrer Ehe eine pflegerische Ausbildung oder Vorkenntnisse besaß. Denn in Theresienstadt arbeitete sie überwiegend in der Krankenhilfe. Im Ghetto Theresienstadt waren hauptsächlich pflegerisch und medizinisch geschulte Kräfte im Krankenbau. Ende 1944 wurde Fanny Kallmann aus Theresienstadt nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

 

Quelle: YAD VASHEM u. a.


 

Leopoldine Kalousek

 

Leopoldine Kalousek wurde am 27.6.1897 geboren. Die Krankenpflegerin lebte mit ihrem Ehemann Karl Kalousek in Wien. Am 14.7.1941 wurde das Ehepaar von der Gestapo erkennungsdienstlich erfasst. Aus der Anklageschrift des Generalstaatsanwalts Wien, 12. 9. 1942:

 

"Leopoldine Kalousek hat durch Aufbewahrung einer Schreibmaschine unter gleichzeitiger Zurverfügungstellung ihrer Wohnung die Vorarbeiten der Herstellung von zur Weiterverbreitung bestimmten hochverräterischen Schriften ermöglicht."

 

Wegen "Nichtanzeige eines hochverräterischen Unternehmens" wurde sie am 12.2.1943 zu 18 Monaten, ihr Mann zu 7 Monaten Gefängnis verurteilt. Durch die lange Untersuchungshaft war die Strafe verbüßt. Das Ehepaar überlebte die Nazizeit.

 

Quelle DÖW


 

Rebecca Kaminsky

 

Rebecca Kaminsky wurde am 1.5.1923 in Antwerpen in Belgien geboren. Die gelernte Zahnarztassistentin und Krankenschwester wurde von den Nazis im eigenen Land als staatenlos erklärt. Die Praxis, Juden als staatenlos einzustufen diente dazu, ausländische Interventionen für die betroffenen Menschen zu unterbinden. Rebecca Kaminsky wurde im SS-Sammellager Mechelen eingesperrt, bevor sie mit dem VII. Transport unter der Nummer 57 am 1.9.1942 nach Auschwitz verschleppt wurde. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Neunzehnjährige dort ermordet wurde.

 

Ich danke für die Recherche Frau Laurence Schram vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum (JDWM) in der ehemaligen Mechelner Dossinkaserne.


 

Karl Kammerer

 

Der Krankenpfleger Karl Kammerer arbeitete in der Heil- und Pflegeanstalt Gugging und verweigerte eine Mittäterschaft an Euthanasieverbrechen (siehe Franz Amreiter).

 

Quellen: Gerhard Fürstler: Krankenpflege in der Zeit des Nationalsozialismus, Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband, 03.02.2005


 

 

 

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