Virtuelles Denkmal "Gerechte der Pflege"

"... die tolldreisten, machthungrigen Horden, sie konnten den Geist nicht morden!"


St. Hedwig-Krankenhaus Berlin

 

 

Aus: Momente der Menschlichkeit, Gad Beck, Schmerzen lindern, Mitte 1944:

"Meine Mutter musste ins Krankenhaus, sie hatte Gallensteine, sie schrie wie eine Wahnsinnige und sagte: "Ich geh in kein Krankenhaus, denn ich weiß ja nicht, wenn sie mich betäuben, was ich erzählen werde." Und ich hatte von irgendeinem etwas gehört über das Hedwigskrankenhaus, Sankt Hedwigs Krankenhaus, und ich ging dahin. Das ist eine Geschichte, die auch in der Geschichte des Sankt Hedwigkrankenhauses verankert ist. Und man schickte mich zu einem Oberarzt, einem jungen Oberarzt, und ich hab ihm die ganze Wahrheit erzählt. Ich hab ihm erzählt, meine Mutter hat Angst davor. Nur über die Mutter gesprochen. Und er sagte: "Wir sind dazu da, dass die mit einem Leid zu uns kommen, wenn's geht, ohne Leid wieder rausgehen. Von hier wird nichts nach außen dringen." Und er übernahm dann das Gespräch und sagte: "Was ist mit den anderen Freunden?" Achtzehn Freunde konnten sich untersuchen lassen, konnten geheilt werden, Juden, Volljuden, in diesem Hedwigskrankenhaus."

 

Eigentlich sollten die konfessionellen Krankenhäuser unter Hitler aufgelöst werden. Doch das Sankt Hedwig-Krankenhaus hatte einmal einen "prominenten" Patienten, Herrn Goebbels, der dort seine Nierensteine ließ. Dieser schien sich dort ausgesprochen wohl zu fühlen - auf jeden Fall blieb das St. Hedwig-Krankenhaus unangetastet.

 

Die Ordensschwestern beobachteten die Verfolgung der jüdischen Mitbürger. Im nahen jüdischen Altersheim in der Großen Hamburger Straße wurden sie zur Deportation zusammengetrieben. Klammheimlich versuchte man, den Unglücklichen Nahrungsmittel und Medikamente zukommen zu lassen. Ein Arzt des Krankenhauses, der die Betreuung der Insassen der Sammelstelle übernommen hatte, fällte öfter mal die Diagnose Fleckfieber und attestierte eine Transportunfähigkeit. Aufgrund der Seuchengefahr wurden die Menschen ins St. Hedwigs-Krankenhaus verlegt, wo sie in der Infektionsabteilung "spurlos" verschwanden.

 

John Boenke (USA) berichtete von seiner Tante Hedwig, die als Jüdin im Konzentrationslager Auschwitz befreit worden war und in ihre Heimatstadt zurückkehrte: "Tante Hedwig war in einem fürchterlichen Zustand und musste dringend in medizinische Behandlung. Sie verweigerte jegliche Behandlung. Nach viel Zureden war sie bereit, ins Hedwig-Krankenhaus zu gehen. Dort ist sie leider an den Strapazen der KZ-Haft durch eine Lungenentzündung doch noch verstorben. Aber sie wurde dort liebevoll gepflegt. In ein anderes Krankenhaus in Deutschland wäre sie nicht gegangen. Da wäre sie lieber auf der Straße verreckt."

 

Doch nicht nur jüdischen Mitbürgern versuchte man zu helfen. Als beim Zusammenbruch Kinder im Volkssturm verheizt werden sollten, fanden auch diese dort Unterstützung. Ihnen drohte die Ermordung, wenn sie versuchten, sich zu retten. Desertierte Jugendliche wurden einbandagiert und unter den Verletzten versteckt. Ihre Munition schnappten sich kurzerhand die Ordensschwestern und brachten sie klammheimlich unter ihren Schürzen in den Garten, wo sie vergraben wurden.

 

Das St. Hedwig-Krankenhaus wurde auch einmal von einer Bombe getroffen. Man hatte nach Vorschrift Sand auf den Dachboden geschüttet, was normalerweise wirkungslos blieb. Aber diese Bombe explodierte nicht. Die Ordensschwestern schleppten das Höllenteil auf die Straße. Ob sie Angst gehabt hätten? "Wir haben gebetet" lautete die knappe Antwort einer Ordensschwester.

Zwei Fenster überlebten im Sankt Hedwig-Krankenhaus den II. Weltkrieg. Das eine Glasfenster trägt die Inschrift:

 

"Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."

 

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